Ich nehme an, PR geht es um den Einfluss der Politik in Bezug auf die Einführung medizinischer Leitlinien bzw. deren eigentlichen Sinn und Zweck (Stichpunkt "Angebotseffekt"). Allerdings schreibt PR für mich oft in Rätseln.Christianes Herz hat geschrieben:Nicht gesundheitspolitisch, aber ehrlich: Würde bitte einer von Ihnen mein schlichtes Gemüt bedienen und mir sagen, was genau in diesem Zusammenhang gemeint ist mit der Bedeutung der Leitlinien?
Nach offiziellen Angaben wurden medizinische Leitlinien zur Qualitätssicherung eingeführt, bei genauerer Betrachtung ging es aber vor allem um Kosteneinsparungen. Das Gesundheitsstrukturgesetz (Budgetierung) erfolgte zeitgleich mit der "Zusammenschau diagnostischer und therapeutischer Leitlinien“ der AWMF und der Gründung des Netzwerks evidenzbasierter Medizin. Zur gleichen Zeit arbeitete der vom damaligen Gesundheitsminister beauftragte Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen an einem Sondergutachten über die Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung über das Jahr 2000 hinaus, mit den künftige „Gesundheitsreformen“ im Hinblick auf die bereits eingetretene Ressourcenknappheit vorbereitet werden sollten. Der Sachstandsbericht 1994 veranlasste die AWMF zu einer Umfrage über standardisierte therapeutische Verfahren aber auch praktizierte Verfahren der Diagnostik und Therapie, die aus damaliger Sicht obsolet seien. Die bestehenden Handlungsempfehlungen der Bundesärztekammer und KBV sollten mittels Leitlinien „rationaler“ werden
Inzwischen wurde das System derart pervertiert, dass von Einsparungen nicht mehr die Rede sein kann. Leitlinien sind keine Richtlinien sondern allenfalls Empfehlungen, werden aber unabhängig von ihrer Qualität immer mehr als medizinischer Standard (state of the art) definiert und schränken die Handlungsmöglichkeiten der Ärzte ein.
Welchen Sinn und Zweck medizinische Leitlinien verfolgen zeigte sich u.a. bei dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt "Allokation" (kostensensible Leitinien). Nach diesen Leitlinien sollte bei den Patienten gespart werden, die ein kleineres Opfer erbringen müssen, wenn sie auf eine günstigere oder etwas weniger wirksame Behandlungsmöglichkeit ausweichen müssen. Diese Leitlinien hätten dem Arzt vorgegeben, welche Patienten eine teurere Maßnahme erhalten dürfen und bei welchen auf eine günstigere ausgewichen werden müsste. Diese kostensensiblen Leitlinien lassen sich derzeit aber rechtlich nicht durchsetzen.
Beachtenswert dazu ist die Haltung der GKV wie auch der Ärztekammer
Die Beurteilung durch den Vertreter des GKV-Spitzenverbands ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Welche Berechtigung gibt es“, so fragte Dr. Bernhard Egger, „nützliche Leistungen vorzuenthalten, wenn die Hausaufgaben in vielen anderen Bereichen nicht gemacht sind?“ Solange medizinische Leistungen im Krankenhaus ohne hinreichende Kontrolle erbracht werden könnten oder es eine ärztliche Überversorgung in den Ballungszentren gebe, sei er im Grunde nicht dazu bereit, über die Umsetzung von kostensensiblen Leitlinien (KSLL) zu diskutieren.
Die Ärztekammer fordert seit längerem eine Priorisierung . Als ethisch vertretbar gilt z.B. die Behandlung trivialer Erkrankungen von der Erstattung auszuschließen, womit wir wieder beim Thema Kostenerstattung bzw. Privatbehandlung und somit mehr Honorar für Ärzte und weniger Leistungen bzw. höhere Kosten für Patienten wären.Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Dr. med. Frank-Ulrich Montgomery, betonte die große Verantwortung der Ärzteschaft, wenn es um Rationalisierung oder Rationierung medizinischer Leistungen gehe. Der Deutsche Ärztetag habe sich in diesem Jahr ausführlich mit dem Thema Priorisierung befasst und damit eine breite Diskussion in der Gesellschaft angestoßen.
