Basale Stimulation- nicht umsetzbar

Konzept der Anregung und Förderung individueller Lernprozesse bei Patienten mit Störungen der Wahrnehmung, Bewegung und/oder Kommunikation

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xperte84
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Basale Stimulation- nicht umsetzbar

Beitrag von xperte84 »

Hallo alle zusammen!

Ich arbeite z.Zt. im Rahmen meiner Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger an einer Facharbeit zum Thema "Basale Stimulation".
Habe im Forum schon viel Interessantes an Beiträgen und Diskussionen dazu gelesen und einige Anregungen aufgenommen.
Was mir ein bisschen dabei fehlte (vielelicht hab ich's auch nur überlesen :wink: ) waren konkrete persönliche Erfahrungen mit Basaler Stimulation.
Im Hinblick auf meine Facharbeit fehlen mir aus unserer Klinik die Erfahrungen, da das Konzept dort kaum angewendet wird.

Äußert euch hier einfach mal bezüglich des Konzepts, ob ihr es schon einmal angewandt habt, was ihr für Erfahrungen gemacht habt etc., welche Wirkung ihr am Pat. beobachtet habt etc.!
Mir würde es helfen, wenn ihr dabei grob Stellung zu folgenden Punkten bezieht:

- kennt ihr das Konzept (wollt ihr es überhaupt kennenlernen?)
- wendet ihr es an (wie oft? wieviel Zeit benötigt ihr z.B. für eine Basale Waschung o.ä.?)
- welche Methoden lassen sich gut im Pflegealltag unterbringen?
- gibt es Gründe, warum es für euch manchmal nicht möglich ist, das Konzept anzuwenden?
- inwiefern sich evtl. eure Beziehung zum Pat. (positiv? negativ?) geändert hat oder sogar euer Pflegeverständnis?

Danke schon mal im Voraus für eure Antworten
Bin gespannt!
Bettina
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Beitrag von Bettina »

Hallo xperte84,


ok, erst mal zu deinen Fragen ...


kennt ihr das Konzept (wollt ihr es überhaupt kennenlernen?)
Ich kenne das Konzept... es hat mich nach den ersten eher etwas wirren Erfahrungen nach einem ersten Schnuppertag vor ca. 12 Jahren fasziniert... und seitdem auch nix an seiner Faszination und Spannung verloren.


wendet ihr es an (wie oft? wieviel Zeit benötigt ihr z.B. für eine Basale Waschung o.ä.?
Eine Frage, die mir so, wie sie gestellt ist Bauchweh bereitet... BasStim ist nichts, das man auf Rezept "anwenden" kann... vielmehr ist es meine Haltung den Menschen gegenüber, die ich bei uns auf der Reha pflege und betreue... Wenn ich nur das Beispiel Körperpflege nehme... ich kann den Menschen in gut 30 Minuten sauber bekommen... ich kann mit ihm gemeinsam aber auch über die Köerperpflege Vertrauen aufbauen, einen Dialog entwickeln, die Körperpflege zu einem sinnvollen... sinnlichen Erleben machen, dass er sich und seine Umwelt wieder spüren lernt, das Wasser plätschern hört, die Temperatur spüren und fühlen kann usw... und dann hab ich noch nicht einmal irgendwie beruhigend, belebend oder mit diesen nervigen Zusätzen (Lavendel für Ruhe und Zitrone für Leben oder so *gg*) gewaschen...

Ich "wende es an", indem ich dem Menschen durch meine Haltung zeige, "du bist mir wichtig"... "ich meine dich"... indem ich ihn wahrnehme, ihm die Zeit gebe, mich wahrzunehmen, indem ich die Ziele des Menschen verfolge, den ich gerade pflege und ihn ein Stück auf seinem Weg begleite... indem ich eben nicht irgendjemandem MEINE Meinung und Pflege und Ziele aufdrücke... indem ich es zulassen kann und nicht beleidigt bin, wenn ein Patient mal ein Pflegeangebot von mir ableht, weil er in dem Moment ein anderes Angebot braucht...

Ich "wende" BasStim aber auch im Hinblick auf meine Kollegen an, die es gut finden können, dass ich eine "Basale" bin, ich akzeptiere aber auch die Kollegen (wenn auch zähneknirschend *lach*), die sagen, ich wäre ein verrückter Paradiesvoge... gut... BasStim kann auch nur ein Angebot für die Kollegen sein, das sie sowohl annehmen, als auch ablehnen können...

Natürlich biete ich auch während meiner Pflege den Betroffenen "Nestlagerung", "A-Lagerung", "Beruhigende Ausstreichungen", ASE, "Neurophysiologische Waschungen" usw... an

Aber das Wichtigste sollte doch bei all den tollen Dingen, die wir anbieten immer noch der Mensch sein, den wir in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen und nicht irgendwelche Zeitvorgaben oder "Techniken"


welche Methoden lassen sich gut im Pflegealltag unterbringen
Ich überlese jetzt einfach mal milde das Wort "Methoden", das mir genau wie die "Technik" Bauchweh bereitet und würde sagen, wenn eine Station wirklich beginnen will, die Basale Stimulation umzusetzen würde ich beginnen mit einem Minimalkonzept "ASE", "beruhigende - belebende Körperpflege", "stimulierende Körperpflege", "grenzgebende Lagerungen"... und das dann nach und nach kreativ erweitern... Hoppla, "Initialberührung" hab ich noch vergessen... wobei auch das Pflegeangebote sind, die individuell angeboten werden sollen (nö, eigentlich müssen)... denn der Mensch, der heute eine beruhigende Waschung gefordert hat, braucht vielleicht Morgen was ganz anderes...
gibt es Gründe, warum es für euch manchmal nicht möglich ist, das Konzept anzuwenden
NEIN!!!.

Ok, klar gibt es Tage, an denen mein einziges Ziel ist, irgendwie den Stationsalltag zu überstehen, an den Tagen geht bei mir nix bis nicht viel, aber meine Haltung dem Menschen gegenüber, an der gibt's auch an solchen Tagen, an denen Zeitmangel herrscht und die K... am Dampfen ist auch nix zu rütteln. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich dann ehrlich zu den Leuten bin, und zu ihnen sage, dass bei mir heut garnichts geht, habe ich fast zu 100% Verständnis von Seiten der Patienten...
inwiefern sich evtl. eure Beziehung zum Pat. (positiv? negativ?) geändert hat oder sogar euer Pflegeverständnis
Basale Stimulation bedeutet Reflexion... Reflexion meiner Pflege... und das kann manchmal ganz schön hart sein... ich habe die letzten Jahre sehr viel reflektiert, tue es heute noch und habe zu einem völlig anderen Verständnis meines Berufes gefunden. Die Beziehung zu den Patienten ist sehr positiv (war sie aber schon immer)... es gibt aber auch Menschen, da fehlt die Sympathie von beiden Seiten aus, gut, dann frage ich eine Kollegin, die einen besseren Draht hat, ob sie den Patienten "übernimmt"... BasStim ist kein "Wundermittel", das man anwendet und "Alles wird gut"... Es ist einfach ein Konzept, das Entwicklung fördert, den Menschen begleitet und im Rahmen des Möglichen den Weg, den der Patient nehmen will mitgeht... Herrje, klingt das jetzt "salbungsvoll"... ich bin sicherlich nicht die "Mutter Theresa" der Pflege, aber es ist halt einfach so... Punkt ;-)


So, jetzt hab ich mich aber verausgabt... nun aber zu meinen Fragen, in der Hoffnung, du beantwortest sie auch so brav, wie ich das mit deinen Fragen gemacht habe...

Wie kommst du zur BasStim?
Weshalb hast du dir genau das Thema für deine Facharbeit ausgesucht?
Wie beantwortest du deine Fragen selbst?

Herzliche Grüße aus dem trüben Mittelfranken

Bettina :wink:
Du brauchst keinen Lehrer, der dich lehrt, dich beeinflussen zu lassen... du brauchst einen Lehrer, der dich lehrt, dich N I C H T beeinflussen zu lassen.
elkeneu
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Beitrag von elkeneu »

Hallo xperte84,
habe leider noch keine Antwort von Dir gelesen. Bist Du schon im Prüfungstress?

Bettina spricht mir ganz aus dem Herzen. Würde gerne meine Antworten nach Bettinas Vorlage weitergeben.

-ich kenne das Konzept........
und das schon seit 30 Jahren. Arbeite nämlich in Landstuhl, wo es zuerst begann. Auch für mich hat das Konzept seine Faszination nicht verloren. Vorallem finde ich die Weiterentwicklung sehr spannend.
Und gerade da sind wir auf Menschen wie Dich als interessierten Krankenpfleger angewiesen. Solche Menschen bestimmen auch das Konzept der Basalen Stimulation für die Zukunft.

-wendet ihr es an.......
fast täglich, manchmal intuitiv oft mit Wissen und vorallem Erfahrung. Jedoch ist immer wieder Reflexion und neues Wahrnehmen und lernen erforderlich. Auch nach 30 Jahren

-welche Methoden lassen sich.....
vorallem alle "Methoden und Techniken" bei der Förderpflege oder Grundversorgung. Dabei die Zentralen Ziele im Auge behalten z.B. mein Leben selbst gestalten, indem ich Möglichkeiten suche den Betreuten oder Patienten selbst entscheiden zulassen.

-gibt es Gründe.......
NEIN!
vielleicht aber?
der eigene Frust, Müdigkeit oder einkehrende Resignation

-inwiefern hat sich evtl. eure Beziehung......
indem ich die Zentralen Ziele für mich und mein Gegenüber wahrnehme und lebe
Im Inhalt dieser Zentralen Ziele ist eine unglaubliche Nähe zu diesem Personenkreis der Basalen Stimulation möglich, jedoch gleichzeitig auch genügend Raum zur Distanz.
Beides ist wichtig um in diesem Beruf zu bestehen.

Du bist herzlich zum Hospitieren eingeladen

liebe Grüße
Elke Neu
Seeadler2008
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Beitrag von Seeadler2008 »

Hallo Ihr Lieben!

Ich mache gerade eine Ausbildung zum Altenpfleger und habe angefangen mich in das Thema Basale Stimulation einzulesen. Aber im Grunde macht man schon einiges automatisch und auf anders kommt man von selbst gar nicht drauf. Um so wichtiger ist es, so finde ich, wenn man sich schlau macht, sich mit anderen darüber unterhält und viel liest... Danke für Eure so schönen Einträge!!!
Ich schreibe einen Erfahrungsbericht über Bas. Stim. wobei ich sagen muss ich bin noch ganz am Anfang. Und je mehr ich darüber erfahre, je umfangreicher wird meine Arbeit ausfallen. Aber ich denke gerade für meine Zukunft ist es umso wichtiger mich mit diesem Thema weiter zu befassen.

Was für Erfahrungen habt Ihr sonst so gemacht? Wann und wie habt ihr es genau angewand? Wie war die Reaktion der Bewohner?

Ich habe z.B. eine bewohnerin die über die Sonde ernährt wird. Und sie sagte immer leise "ich habe hunger, ich will was essen" Ich habe ihr auf einem Stück Tupfer ein bisschen Soße getan und sie konnte daran den Geschmack der Soße wieder schmecken, genauso Kaffee hat sie immer geliebt. Also habe ich diesen Tupfer in Kaffee getunkt. Sie lächelte mich an. Und sie sagte "Ich danke dir". Das hat mir so viel gegeben... Aber was kann ich ihr alles noch gutes tun? Wie sollte ich vorgehen? Habt ihr ein paar Tipps für mich????

Ganz lieben Dank schonmal vom Seeadler2008
Bettina
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Beitrag von Bettina »

... na dann, auf ein Neues und auf dass in diesem Forum wieder etwas mehr "los wird" :)

Guten Morgen Seeadler,
Ich mache gerade eine Ausbildung zum Altenpfleger und habe angefangen mich in das Thema Basale Stimulation einzulesen.
Hattet ihr das Thema Basale Stimulation in der Schule? Hast du schon mal ein Seminar bzw. einen Workshop ect. Bas Stim besucht? Oder alles "erlesen"? Wie bist du auf das Thema Bas Stim gekommen?
Ich schreibe einen Erfahrungsbericht über Bas. Stim. wobei ich sagen muss ich bin noch ganz am Anfang. Und je mehr ich darüber erfahre, je umfangreicher wird meine Arbeit ausfallen.
Erzähl doch bitte ein bisschen mehr über deine Erfahrungen... ich bin immer so neugierig, wie's anderen mit dem Thema Bas Stim geht und vor allem mit der Umsetzung. Würdest du das tun?
Dass sich immer mehr Fragen auftun, je mehr du über das Thema erfährst, das ist völlig normal... Bei mir ist es nicht anders, je mehr ich erfahre, lese oder auch mich austausche über das Konzept, umso mehr Fragen habe ich :-)
Was für Erfahrungen habt Ihr sonst so gemacht? Wann und wie habt ihr es genau angewand? Wie war die Reaktion der Bewohner?
Ich zitiere jetzt einfach mal meine Antwort von weiter oben, denn das hat sich ja nicht geändert

Eine Frage, die mir so, wie sie gestellt ist Bauchweh bereitet... BasStim ist nichts, das man auf Rezept "anwenden" kann... vielmehr ist es meine Haltung den Menschen gegenüber, die ich bei uns auf der Reha pflege und betreue... Wenn ich nur das Beispiel Körperpflege nehme... ich kann den Menschen in gut 30 Minuten sauber bekommen... ich kann mit ihm gemeinsam aber auch über die Köerperpflege Vertrauen aufbauen, einen Dialog entwickeln, die Körperpflege zu einem sinnvollen... sinnlichen Erleben machen, dass er sich und seine Umwelt wieder spüren lernt, das Wasser plätschern hört, die Temperatur spüren und fühlen kann usw... und dann hab ich noch nicht einmal irgendwie beruhigend, belebend oder mit diesen nervigen Zusätzen (Lavendel für Ruhe und Zitrone für Leben oder so *gg*) gewaschen...

Ich "wende es an", indem ich dem Menschen durch meine Haltung zeige, "du bist mir wichtig"... "ich meine dich"... indem ich ihn wahrnehme, ihm die Zeit gebe, mich wahrzunehmen, indem ich die Ziele des Menschen verfolge, den ich gerade pflege und ihn ein Stück auf seinem Weg begleite... indem ich eben nicht irgendjemandem MEINE Meinung und Pflege und Ziele aufdrücke... indem ich es zulassen kann und nicht beleidigt bin, wenn ein Patient mal ein Pflegeangebot von mir ableht, weil er in dem Moment ein anderes Angebot braucht...

Ich "wende" BasStim aber auch im Hinblick auf meine Kollegen an, die es gut finden können, dass ich eine "Basale" bin, ich akzeptiere aber auch die Kollegen (wenn auch zähneknirschend *lach*), die sagen, ich wäre ein verrückter Paradiesvoge... gut... BasStim kann auch nur ein Angebot für die Kollegen sein, das sie sowohl annehmen, als auch ablehnen können...

Natürlich biete ich auch während meiner Pflege den Betroffenen "Nestlagerung", "A-Lagerung", "Beruhigende Ausstreichungen", ASE, "Neurophysiologische Waschungen" usw... an

Aber das Wichtigste sollte doch bei all den tollen Dingen, die wir anbieten immer noch der Mensch sein, den wir in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen und nicht irgendwelche Zeitvorgaben oder "Techniken"

Aber was kann ich ihr alles noch gutes tun? Wie sollte ich vorgehen? Habt ihr ein paar Tipps für mich????
Was du der Bewohnerin angeboten hast, finde ich sehr schön. Du hast sie wahrgenommen, hast ihre Wünsche und Bedürfnisse wahr genommen und ihr ein Pflegeangebot gemacht, das sie dankbar angenommen hat.

Was wir nicht vergessen sollten ist, dass das Konzept Basale Stimulation in der Pflege KEIN Wellnesskonzept ist... das Konzept umzusetzen bedeutet NICHT, den Menschen, den wir pflegen zu verwöhnen und ihm "Gutes" zu tun ohne Ende und mit irgendwelchen esoterischen Düften/Duftlampen oder sonstigem rumzuhantieren sondern das Konzept umzusetzen bedeutet wahrzunehmen, was braucht der Mensch, welchen Weg will er gehen und ihn dann auf diesem Weg zu begleiten... es gibt ja die "zentralen Ziele" im Konzept, welches ist das Ziel des Menschen usw.

Schau dich doch einfach mal auf unserer Homepage um www.basale-stimulation.de dort findest du sehr viele Informationen zum Thema.

Ich wünsch dir noch viel Spass bei der Auseinandersetzung mit der Basalen Stimulation

liebe Grüße aus dem regnerischen Mittelfranken

Bettina
Du brauchst keinen Lehrer, der dich lehrt, dich beeinflussen zu lassen... du brauchst einen Lehrer, der dich lehrt, dich N I C H T beeinflussen zu lassen.
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