Einsicht in Unterlagen der klinischen Prüfung

Moderator: DMF-Team

Gast
Topicstarter

Einsicht in Unterlagen der klinischen Prüfung

Beitrag von Gast »

Man hat mich gefragt, ob ich an einer klinischen Studie zu einem neuen Produkt teilnehmen möchte. Diese ist weder doppelblind noch randomisiert sondern eine Beobachtungstudie.

Aus verschiedenen Gründen wäre die Verwendung dieses Produktes für mich auch aus meiner Sicht interessant.

Ich habe jetzt den Prüfarzt gebeten, vor meiner Entscheidung zur Teilnahme Einsicht in die der Klinik vorliegenden Unterlagen, die u.a. auch die Ergebnisse der präklinischen Studien enthalten, nehmen zu können.
Er sagte mir, daß er mir die Einsicht nicht gewähren könne, weil mit der Herstellerfirma Vertraulichkeit vereinbart sei. Allerdings sähen die präklinischen Ergebnisse sehr vielversprechend aus.

Kann dies denn sein? Müßte nicht ein Patient sogar rechtlichen Anspruch auf Einsicht in die der Klinik vorliegenden Unterlagen haben, damit er sich voll informiert entscheiden kann, ob er das Risiko einer Studienteilnahem eingeht?

Wenn eine Studie begonnen wird, muß dies doch der Ethikkommission vorgelegt werden und eine Anmeldung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgenommen werden. Hat man als betroffener Patient nicht Anspruch darauf, diese Unterlagen einsehen zu können?

Wie könnte man vorgehen, um Einsicht zu bekommen?

Vielen Dank für Ihre Antworten.


GAST
Gast
Topicstarter

Beitrag von Gast »

Keine Antwort?

Würde mich über Kommentare freuen.

vielen Dank

Gast
Petra
Topicstarter

Beitrag von Petra »

Gerade dies ist die Frage, die in der Psychiatrie öfters auftauchen sollte. Da nennen sich diese Dinge Studien, Einwilligung des Behandelnden, da sowieso nicht zurechnungsfähig, wird vorausgesetzt. Ich habe mal so ein Ding bei einer Bekannten miterlebt. Sie kam in einem schlimmeren Zustand raus, wie rein. Habe dann die Herstellerfirma angeschrieben, die wollten eine Bestätigung, dass sie die Behandlungsakten beiziehen könnten.

Als dann nach Monaten keine Reaktion kam, sagten die einfach, das würde unter deren Schweigepflicht fallen, was sie ermittelt hätten. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Die Patientin hätte kein Recht, über deren Ergebnisse zu erfahren. Man solle sich an den Psychiater wenden. Na ja, und der hatte von nix Ahnung. Habe damals gegen diesen Arzt ne Einstweilige Verfügung beantragt und Verlegung, weil intern Studien betrieben wurden, ohne dass Angehörige und der "Behandelnde" hiervon informiert wurden. Diese Kliniken sind auf derartige Studien angewiesen, damit Gelder fließen! Vielleicht sind es auch nur einzelne Ärzte, die sich nebenher was verdienen.
Gast
Topicstarter

Beitrag von Gast »

Wie ist denn die einstweilige Verfügung ausgegangen?
Petra
Topicstarter

Beitrag von Petra »

Null ausgegangen, da der Arzt und die Richterin befreundet sind. Die Richterin meinte, sie wolle keine mündliche Verhandlung und Prozeß. Man solle sich so mit dem behandelnden Arzt einigen. Und der Heini hatte vorgesorgt, indem die Klinik, die aufnehmen könnte, eben keine Plätze mehr frei hatte für die Aufnahme. Tagelang wurde dort angerufen, ob endlich ein Platz frei ist.

So war nicht nachzuweisen, welche Wirkstoffe sich noch im Blut befunden haben könnten durch eben diese Versuche. Auch während des Aufenthalts durfte die Patientin die Station nicht verlassen, auch nicht im Beisein von Verwandten, damit alles schön vertuscht werden konnte. Also keine labortechnischen Untersuchungen ausserhalb der Klinik. Und die Fahrt zu der anderen Klinik, wenn denn ein Platz freigewesen wäre, verbot dieser Arzt ebenfalls. Auflage: nur mit Krankenwagen und den wollte die Kasse wieder nicht bezahlen. So ist das so ausgegangen, dass etwa 300 € an RA-Kosten bezahlt wurden. RA konnte sich nicht durchsetzen und alles war ein Skandal hoch Zehn. Eigentlich hätte Strafantrag- oder Anzeige gegen diesen Arzt gestellt werden müssen und die Patientin dort unter Gewalt entführt werden, und in ein anderes Krankenhaus gebracht werden müssen.
ChristianS
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Beitrag von ChristianS »

Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren: § 40 II 1 AMG, der dieses Problem regelt, spricht lediglich davon, daß die betroffene Person "über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung [...] aufzuklären" ist. Ergebnisse der präklinischen Studien können zwar in das Beratungsgespräch einfließen. Ein Recht auf Einsichtnahme in die Studienunterlagen für die Probanden sieht das Gesetz aber nicht vor. Das wäre auch in den meisten Fällen sinnlos, da medizinische bzw. naturwissenschaftliche Laien die Unterlagen nicht verstehen würden. Außerdem können sie leicht einige tausend Seiten Material umfassen. Bei placebo-kontrollierten Studien würde eine Einsichtnahme in den Prüfplan zudem das Studiendesign zerstören. Kurzum: Hier ist nichts zu gewinnen.
Gast
Topicstarter

Beitrag von Gast »

Wenn das Gesetz keine Einsicht in die Studienunterlagen für den Betroffenen ermöglicht, wie kann er dann sinnvoll über die Tragweite und Risiken aufgeklärt werden? Es geht eigentlich hier darum, ob Einsicht in die Investigator's Brochure möglich ist, und ob diese ggf. sogar als Bestandteil der Krankenakte gelten müßte.
Es wäre ja schon sehr obskur, wenn der Proband sich kein eigenes Bild über die Risiken, die er eingeht, im voraus machen kann.

Gruß

Rüdiger
ChristianS
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Beitrag von ChristianS »

Hallo Rüdiger,

für eine rechtswirksame Aufklärung ist nicht erforderlich, daß dem Probanden jedes Detail des Versuches erklärt wird. Das würde jede Aufklärung sprengen, da der Proband dann im Rahmen der Aufklärung ein naturwissenschaftliches bzw. medizinisches Studium nachholen müßte und der Arzt gezwungen wäre, tausende von Seiten zu zitieren. Die Versuchsunterlagen können auch nicht zur Krankenakte genommen werden, dann müßten die meisten Stationen wahrscheinlich anbauen. Es ist allein Aufgabe des Prüfarztes, dem Patienten die Risiken der Versuchsteilnahme so gut wie nur möglich zu erläutern. Die Sachkompetenz wird vom Arzt erwartet, der das Risiko darstellen muß. Über die Inkaufnahme dieses Risikos muß dann der Patient entscheiden. In der Praxis ist das natürlich eine oft kaum lösbare Aufgabe.
Gast
Topicstarter

Beitrag von Gast »

Hallo Christian,

ich beziehe mich nicht auf den allgemein "dummen" Paitenten, sondern auf den Fachman als Patienten, der für seine Entscheidungsfindung um Einblick in Unterlagen des Prüfarztes bittet.
Die Frage ist , ob man diese verwehren kann letztendlich.

Gruß

Rüdiger
Tascha
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Welche Phase?

Beitrag von Tascha »

Welcher Art sind den die Informationen, die du haben möchtest? Ergebnisse aus den präkllinischen Untersuchungen, also die Tier- oder Zellversuche?

Wenn das eine Beobachtungsstudie ist, gehe ich davon aus, dass es sich hier um eine Phase IV-Studie handelt. Also um eine Studie mit einem bereits zugelasenem Medikatment. In diesem Fall ist die Fachinformation frei erhältlich.

Grüsse
Nathalie
ChristianS
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Beitrag von ChristianS »

Hallo Tascha,

die Fachinformationen sind für zugelassene Arzneimittel natürlich für Angehörige der Fachkreise frei zugänglich. Aber darin wird kaum das stehen, was Rüdiger wünscht, nämlich die Dokumentation der Präklinik, also Tierversuche, Toxizität etc.

Gruß, Christian
Tascha
Topicstarter

Welche Info fehlt dir?

Beitrag von Tascha »

Hei Rüdiger,
welche Info brauchst du denn und wie heisst das Medikament?
Grüsse,
Tascha
vera4
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Gerac Prüfplan Gonarthrose Biometrie

Beitrag von vera4 »

Gerac Prüfplan Gonarthrose Biometrie:

http://www.biometrie.uni-heidelberg.de/ ... _gerac.pdf

angeblich eine geheime doppelblindstudie

...........................................................
kawiwu
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Beitrag von kawiwu »

Vielleicht würde da eine allgemeine Anfrage bei einer CRO, z.Bsp. Quintiles oder Parexel weiterhelfen. Es gibt mit Sicherheit Rechtsgrundlagen, zumal gerade jetzt die ICH-GCP neu gesetzlich vorgeschrieben ist!
Trotzdem stelle ich mal die blasphemische Behauptung auf, daß die wenigsten PI´s (Principal Investigators) die Investigators Brochure, die ja fast immer auch noch auf Englisch ist, vollständig gelesen haben....
Rainer Hartwich
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Beitrag von Rainer Hartwich »

Hallo,

"geheime" Doppelblindstudien gibt es nach deutschem Gesetz überhaupt nicht.

Wenn es sich um eine "reine Anwendungsbeobachtung" nach Zulassung des entsprechenden Mittels handelt, besteht eigentlich für den Betroffenen kein rechtliches Problem, es sei denn es handelt sich beispielsweise um das Finden einer bisher nicht zugelassenen Indikation.

Mein Rat: Die Patient-Arzt-Beziehung hat viel mit Vertrauen zu tun. Typischerweise ist der medizinische Laie nicht klüger, falls er irgendwelche präklinischen Daten gelesen hat. Der hier zitierte "Fachmann" wird sie sich auf jeden Fall beschaffen können.

Ob ich als Patient in eine Studie einwillige, hängt doch aber im Wesentlichen davon ab, wie mein Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Arzt ist. Wenn ich kein Vertrauen habe, würde ich auf keinen Fall einwilligen.

Rainer Hartwich
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