Kabarett und Ideotie liegen ja oft nicht weit auseinander und darüber lachen wir ... die Frage ist, muss das sein. Sollten wir Menschen mit Behinderung nicht unterstützen, statt über sie zu lachen. Hier ein Brief an Herrn Mittermeier den wir gerne und mit Genehmigung des Verfasser Prof. Dr. A. Fröhlich als offenen Brief zur Diskussion stellen würden.

Viele Grüße
Peter Estner
Sehr geehrter Herr Mittermeier,
gerne sehe ich Sie in Kabarett-Sendungen des BR. Gestern bei Wetten-dass hatten Sie einen Auftritt, den ich nicht unkommentiert lassen kann.
Um Ignoranz und politische Unwissenheit deutlich zu machen, benutzen Sie mimische, gestische und sprachliche Elemente, die unverkennbar und unverwechselbar auf die Kommunikation von Menschen mit einer sog. geistigen Behinderung Bezug nahmen.
Sie zeigten eine einschlägige Mimik, sie veränderten Ihre Artikulation und den Gedanken- und Sprachduktus in einer Art, die Sie und wohl viele andere für
"typisch" halten. Sie imitierten einen Menschen mit einer neurologischen Artikulationsstörung, wie sie z. B bei Cerebralen Bewegungsstörungen vorkommt.
Dazu verwendeten Sie mehrfach den Begriff "Idiot", die alte medizinische Bezeichnung für Menschen mit geistiger Behinderung. Der Kontext Ihrer Darbietung liess keinen Zweifel daran, dass sie nicht den umgangssprachlichen "Idioten" meinten...
Diese Darbietung stellt eindeutig eine massive Diskriminierung behinderter Menschen dar!
Unser Grundgesetzt Art 3, 3 sowie die Un-Konvention Rechte behinderter Menschen machen deutlich, dass Ihre "Nutzung behinderungsbedingten Verhaltens für
Unterhaltungszwecke" eine grobe Missachtung der Menschenwürde darstellt.
Sie sind damit nicht alleine. Seit einiger Zeit bin ich verärgert über viele Ihrer Kollegen, die ähnlich verfahren und sich somit über behinderte Menschen
lustig machen, deren Kommunikationsbemühen der Lächerlichkeit preis geben.
Gestern sass Herr Pilawa neben Ihnen. Ich wundere mich, denn als Botschafter der Stiftung Leben-pur wollte er sich besonders für Menschen mit schweren Behinderungen
einsetzen...
Ich wundere mich, dass ein Herr Gottschalk, der gerne die Aktion-Mensch unterstützt, solche Darstellungen akzeptiert, dass das ZDF als Partner von Aktion-Mensch mit dafür sorgt, dass behinderungbedingtes Verhalten entstellend vorge-
führt und belacht werden kann. In diesem Jahr bin ich zu mehreren Fachvorträgen
"Kommunikation bei schwerer Behinderung" eingeladen. Ich könnte mir vorstellen, Ihre Darbietung jeweils als Einstieg zu nutzen und dann im Detail - wissenschaftlich -
zu kommentieren. So wäre der Spiess dann umgedreht.
Vielleicht ergibt sich ja die Gelegenheit, die Sache einmal ernsthaft zu diskutieren - denn ich schätze Ihre Kunst durchaus
mit den besten Grüssen
A. Fröhlich