Organspende bei Hirntod

Moderator: DMF-Team

doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Guten Abend,

Aus meiner Sicht ist dieses "brauchen" ethisch sehr fragwürdig, wenn man wirklich alle Fakten berücksichtigt.

DAS brauchen bezog sich auf die Hirntoddiagnostik und erst mal nicht auf die Organe.

Würde man jemand töten, nur weil man seine Organe "braucht"?


TÖTEN wir dann Menschen, wenn wir die Maschinen abschalten DAS Herz aber noch selbstständig schlägt? Wenn der Hirntod so umstritten ist, dann darf man auch nicht die Geräte abschalten, selbst wenn keine Organe entnommen werden.

Wenn Jemand nichts gegen eine Organentnahme hat nach seinem Hirntod (das was wir im Moment nach dem Stand der Forschung drunter verstehen) oder aber auch möchte, dass die Geräte abgeschaltet werden, wenn man z.B nicht an einem Beatmungsgerät seinen Lebensabend verbringen möchte mit schwersten Hirnschäden. Finde ich, spricht nichts gegen eine Entnahme?

Da ich mit vielen Patienten in dieser Situation arbeite (Wachkoma, beatmet, schwerste Hirnschädigungen, Status und teilweise auch noch ein paar mal reanimiert in der eh schon schlechten Ausgangssituation) FRAGE ich mich eher, wo diese Art der Medizin und künstlich am Leben erhalten noch hinführen soll?

In meinem Umfeld haben inzwischen alle eine Patientenverfügung. Sprechen wir dann auch vom Töten von Patienten nur weil wir nicht hier und dort noch ein Schläuchlein reinstecken können um das "ÜBERLEBEN" viell besser das "DAHINVEGETIEREN" zu sichern?



Lg Dora
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

doratheexplorer hat geschrieben:TÖTEN wir dann Menschen, wenn wir die Maschinen abschalten DAS Herz aber noch selbstständig schlägt? Wenn der Hirntod so umstritten ist, dann darf man auch nicht die Geräte abschalten, selbst wenn keine Organe entnommen werden.
Das ist kein gültiger Schluß. Eine Deeskalation oder Einschränkung der Therapie bei infauster Prognose ist in vielen Fällen sinnvoll und geboten um dem Individuum einen würdigen Sterbevorgang zu ermöglichen und ihn dabei ggf. lindernd palliativ zu begleiten.

Dagegen halte ich das mit Maschinen am Leben erhalten, nur um dann Organe nutzen zu können, für ethisch bedenklich, da das Individuum faktisch durch die Organentrnahme selbst umgebracht wird und zur Ressource, zum Gemüse, zur Organbank etc. umdefiniert wrid. Wie eine solche (aus meiner Sicht willkürliche) Umdefinition sich auf die Psyche der Pflegekräfte und Ärzte und den Umgang dauerhaft auswirkt, haben wir noch garnicht diskutiert.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Guten Abend Herr Jaeckel,

ich finde nicht, dass es ethische Bedenken geben sollte, wenn sich Jemand vor seinem Tod für eine Organspende entschieden hat.

Wenn sich Jemand dagegen entscheidet ist das auch in Ordnung, sollte aber viell festgehalten werden oder zumindest Angehörigen mitgeteilt werden.

Leider werden viele Menschen von einer Organspende abgeschreckt, da viele Gerüchte im Umlauf sind. Erst vor kurzem habe ich wieder gehört, dass jemand keinen Spenderausweis hat, weil er angst hat, dass er in irgendeinem Keller-labor ausgeschlachtet wird.

Und meiner Meinung nach stimmt die Aussage, dass Leute nur am Lebengehalten werden um die Organe entnehmen zu können so nicht. Jedenfalls hab ich es so nie erlebt. Bei Verdacht auf Hirntod wurden alle Untersuchungen unter Einhaltung der Vorschriften vorgenommen. Dann wurde es den Angehörigen mitgeteilt und gefragt ob sie die Organe zur Spende freigeben wollen. . wenn nicht wurden die Geräte abgeschaltet.

das Individuum faktisch durch die Organentnahme selbst umgebracht wird

Das sehe ich nicht so. Die Organe werden entnommen wenn nach heutigen Richtlinien der Hirntod eingetreten ist. Vorher nicht .. darüber könnte man sich wahrscheinlich wieder streiten.. da kommen wir nicht weiter :-)

Und ansonsten wird das Individuum faktisch durch das Abstellen der Geräte umgebracht. Ob mit oder ohne Organe. Oder lässt man Patienten , die für Hirntod erklärt wurden an den Maschinen weiterbleben? Habe ich nie erlebt... dann könnte man die teure Hirntoddiagnostik auch sein lassen.

Lg Dora
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

doratheexplorer hat geschrieben:Und meiner Meinung nach stimmt die Aussage, dass Leute nur am Lebengehalten werden um die Organe entnehmen zu können so nicht. Jedenfalls hab ich es so nie erlebt.
Das mag ja sein. Aber
Prof. Dr. med. Bettina Schöne-Seifert in Dtsch Arztebl 2011; 108(40): A 2080–6 hat geschrieben:In manchen dieser Fälle würde man nun – gäbe es nicht die Perspektive einer möglichen Organspende – die Entscheidung treffen, die intensivmedizinischen Maßnahmen abzubrechen. Dazu kommt es insbesondere dann, wenn die betroffenen Patienten ein solches Vorgehen über eine Patientenverfügung oder eine Bevollmächtigung legitimiert haben oder es klarerweise ihrem mutmaßlichen Willen entspricht. Für eine solche patientenzentrierte Entscheidung zum Sterbenlassen ist es manchmal ohne Bedeutung, ob der Hirntod unter Beatmung schon (undiagnostiziert) eingetreten oder erst zu erwarten ist oder ob der bewusstlose Patient nach dem Einstellen intensivmedizinischer Maßnahmen primär einen Herzstillstand erleidet. Kurz: Man würde auf eine Hirntoddiagnostik verzichten.[...] Die zentrale ethische Frage in solchen und ähnlichen Fällen lautet: Darf man einen potenziellen Spender mit aussichtsloser Prognose zugunsten einer (möglichen) Organspende anders behandeln, als man es ohne diese Perspektive täte? Darf man Maßnahmen durchführen, die nicht dem Patienten dienen, sondern eine Organspende ermöglichen und die Organe schützen?
Wie geht man damit um?
Prof. Dr. med. Bettina Schöne-Seifert in Dtsch Arztebl 2011; 108(40): A 2080–6 hat geschrieben:Ja, es könnte sogar zu einem Herzstillstand kommen, der eine medikamentöse oder mechanische Reanimation erforderlich machen würde.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Guten Abend,

ja das ist eine Aussage, die ich auch ethisch sehr in Frage stelle. ABER wie gesagt, es dauert ja wirklich eine Zeit bis der Hirntod festgestellt wird, Absetzen der Medikamnete, Untersuchungen usw. Wenn keine Erlaubnis vorliegt und der Patient einbricht, fände ich eine Reanimation usw nicht in Ordnung.

Aber sobald eine Freigabe der Organe besteht, finde ich es nicht mehr verwerflich. Ich hatte sogar einen Fall indem wir gerade die Organentnahmeerlaubnis bekommen haben und der Hirntote Patient in eine Reanimationssituation gekommen ist. Er wurde quasi reanimiert. Und das Ende des Liedes war, dass 3 Menschen das Leben geretttet wurde mit den Organen.

Es ist auch für Pflegende,Ärzte glaub ich keine tolle Vorstellung, dass ein Hirntoter Patient eine 1:1 Betreuung benötigt, da diese oft viel aufwändiger sind, als andere Intensivpatienten, da man sie ja strikt Kreislaufstabil etc halten muss und andere Patienten evtl darunter leiden müssen.

Wie sehen sie das in einem solchen Fall, wo eine klare Zustimmung zur Organspende besteht?

Lg Dora
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

doratheexplorer hat geschrieben:Aber sobald eine Freigabe der Organe besteht, finde ich es nicht mehr verwerflich.
Nicht verwunderlich. Dazu gibt es ja Experimente
doratheexplorer hat geschrieben:Wie sehen sie das in einem solchen Fall, wo eine klare Zustimmung zur Organspende besteht?
Zweifelt man an dem umstrittenen Hirntodkonzept, folgt:
Sabine Müller, Revival der Hirntod-Debatte hat geschrieben:Eine Explantation lebensnotwendiger Organe aus einem lebenden Patienten wäre juristisch als Tötung zu betrachten. Ggf. könnte sie mit Argumenten für aktive Sterbehilfe begründet werden; nichtsdestotrotz ist sie weder mit geltendem deutschen Recht noch mit der ärztlichen Standesethik kompatibel.
doratheexplorer hat geschrieben:Und das Ende des Liedes war, dass 3 Menschen das Leben geretttet wurde mit den Organen.
Das ist ja das dumme Märchen, was immer wieder verbreitet wird. Das ist weniger als die halbe Wahrheit.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
dora
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 3717
Registriert: 27.12.06, 00:51

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von dora »

Wenn keine Erlaubnis vorliegt und der Patient einbricht, fände ich eine Reanimation usw nicht in Ordnung.

Aber sobald eine Freigabe der Organe besteht, finde ich es nicht mehr verwerflich. Ich hatte sogar einen Fall indem wir gerade die Organentnahmeerlaubnis bekommen haben und der Hirntote Patient in eine Reanimationssituation gekommen ist. Er wurde quasi reanimiert. Und das Ende des Liedes war, dass 3 Menschen das Leben geretttet wurde mit den Organen.
das kommt mir so Ersatzteillagermäßig vor.
m.E. ethisch nicht vertretbar.
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Hallo Herr Jäckel

mich würde interessieren was das Märchen daran ist??
Ich versorge einen Jugendlichen (CF) nach Herz-Lungen-Transplantation und einen Jugendlichen nach Herztransplantation. BEIDEN geht es blendend im Gegensatz zu vorher ! Klar müssen sie regelmässig Medikamente nehmen. Aber das mussten sie vorher auch.
Sicherlich gibt es auch Situationen wo es nicht funktioniert. Aber die beiden haben noch eine Chance, ein besseres Leben zu führen, bekommen. Zudem habe ich auch einige Nierentransplantierte versorgt. Wobei man sich vielleicht doch eher fragen muss, ob Lebendspenden ethisch so gut vertretbar sind? Der Mensch ist auch ein Ersatzteillager. Und das kann auch schief gehen. Und einen gesunden Menschen so zu schädigen... auch fraglich, ob das ethisch vertretbar ist. Finde ich etwas kontrovers.

Der Schluss aus ihren Aussagen wäre dann, dass man alle Transplantationen von Toten stoppt. Und alle Patienten die z.B ein neues Herz brauchen ohne chance sterben lässt. (ich behaupte nicht, dass alle diese Patienten gerettet werden könnten)

Klingt nach tollem Fortschritt in der Medizin. Fakt ist ein Hirntoter stirbt so oder so! Die Maschinen werden abgestellt. Der Mensch stirbt also nicht weil man die ORGANE braucht, sondern weil der Zustand des Patienten mit dem Leben nicht mehr vereinbar ist. Korrigieren sie mich wenn ich falsch liegen sollte damit. Und wenn die Bedenken richitg wären, dass ein Hirntoter Patient Schmerzen hätte, dann hat er diese auch, wenn die Maschinen abgeschaltet werden und er demnach sicher nicht schmerzfrei sterben würde.

Ich gehe jetzt von mir aus. Ich möchte nicht als beatmeter Pflegefall im Bett enden. Daher habe ich eine Patientenverfügung und Organspendeausweis. Wenn ich einen Unfall hätte, würden die Geräte also abgestellt und wenn ich meine organe noch spenden kann und evtl dadurch ein Mensch gerettet wird, bzw. er nicht mehr auf die Dialyse angewiesen wäre ergibt das für mich noch einen Sinn.

@Dora mag sein, dass es klingt wie ein Ersatzteillager, aber wenn ich tod bin ist mir das egal. Und jedem dem das nicht egal ist muss seine Organe ja nicht spenden :-)

Und wenn wir von ethisch vertretbar reden, kann ich immer wieder nur anbringen, dass viele Dinge ethisch sehr fraglich sind in der Medizin. Es werden Frühgeborene (teilweise schon 23te wochen) mit schwersten Hirnblutungen und einigen Reas zum Leben verdammt. Was bei der Einstellung "Wir können heutzutage so gut wie alles am Leben halten" rauskommt sehe ich täglich wenn ich mein meine Arbeit gehe.

Lg Dora
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

doratheexplorer hat geschrieben:Daher habe ich eine Patientenverfügung und Organspendeausweis.
Das würde mich sehr interessieren. Wie haben Sie diesen Spagat denn formuliert? Einerseits will man für sich keine Beatmung und Intensivmedizin, andereseits aber spenden? Sie wissen als Fachfrau, dass sich das ja ausschließt.
doratheexplorer hat geschrieben:Fakt ist ein Hirntoter stirbt so oder so!
Ich dachte, der ist schon tod? Und so oder so sterben wir alle. Aber das setzt Ethik nicht außer Kraft.
doratheexplorer hat geschrieben:mich würde interessieren was das Märchen daran ist??
Wieviele Patienten mit HLTX, die sie zu retten meinen, leben noch nach 5 Jahren? Wieviele Komplikationen (Revisionen, Ergüsse, OPs, Infektionen, Tumore usw.) hatten sie bis dahin, wieviele Klinikaufenthalte, wieviele Biopsien, wieviele Medikamente mit welchen Nebenwirkungen mussten sie schlucken? Brauchten sie und die Familie Psychotherapie? Durften sie mit anderen Kindern spielen, Sport treiben, in die Sonne gehen?
doratheexplorer hat geschrieben:Zudem habe ich auch einige Nierentransplantierte versorgt.
Das Märchen ist, dass es für diese Patienten Organersatzverfahren gibt. Sie tun aber gerade so, als würde man z.B. Dialysepatienten aus Lebensgefahr "retten".
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Hallo,

NEIN das habe ich nicht geschrieben :-) siehe hier

bzw. er nicht mehr auf die Dialyse angewiesen wäre !
DAS bezieht sich auf die Spende der Niere. Dialyse ist ein tolles Verfahren. Aber wie sie sicherlich auch wissen, sehr belastend für viele. Es gibt Schwierigkeiten in den Urlaub zu fahren, Schmerzen, immer angebunden zu einer betimmten Zeit wieder zur Dialyse aufzutauchen etc. Nebenwirkungen der Dialyse Kreislaufprobleme, Blutungen durch Blutverdünner, und und und. Wie gesagt ich versorge nur Kinder und glauben sie mir, die haben oft sehr grosse Probleme mit der Dialyse. Brauchen auch teils Psychotherapie mit Dialyse.


leben noch nach 5 Jahren
Es sterben einige durch Abstossung usw, das bestreitet keiner. Meine Freundin lebt seit 15 Jahren ohne Probleme mit einer Spenderniere. 5 Jahre können eine lange Zeit sein, wenn man eigentlich schon Tot wäre..Es gibt Patienten die deutlich länger leben. Mein HLTX hat 3 Jahre jetzt ohne grössere Probleme überstanden und ist glücklich im Moment.

Auf der anderen Seite habe ich Patienten , die sich selbst nicht mehr bewegen können äussern können, beatmet sind, Schmerzen haben über viele Jahre hinweg da frag ich mich wer dann wohl noch mehr vom Leben hat?

Ich würde meine Hand ins Feuer legen dafür, wenn "TRANSPLANTATIONSGEGNER", die es ethisch JETZT nicht vertretbar finden, dass Organe von Hirntoten entnommen werden dürfen, in eine Situation kommen, wo sie die Wahl hätten zu sterben oder die Möglichkeit hätten auf die Transplantationsliste zu kommen ... würden sich 99% für die Liste entscheiden. Und dann frag ich mich ob es dann ethisch vertretbar ist?

Medikamente mit welchen Nebenwirkungen mussten sie schlucken
VIELE, aber Davor mussten sie viele i.v Medikamente erhalten um am Leben zu bleiben. Sicherlich auch mit Nebenwirkungen.

Durften sie mit anderen Kindern spielen, Sport treiben, in die Sonne gehen?

konnten sie gar nicht, das sie mit Herzversagen auf Intensiv lagen. Und jetzt können sie mit Kindern spielen.

Patientenverfügung ist im Falle dass ich ein Pflegefall werden würde, ich keine lebensverlängernden Massnahmem mehr möchte, wenn absehbar ist, dass das Gehirn zu grossen Schaden genommen hat und keine Besserung meines Zustandes zu erwarten ist.

Organspendeausweis tritt in Kraft, wenn der Hirntod eingetreten ist, da es ja nicht geht vor dem Hirntod Organe zu spenden. Die Diagnostik muss ja so oder so laufen. Wenn der Hirntod eingetreten ist- Organspende- und wenn nicht Maschinen abschalten wenn rechtlich möglich

Schliesst sich das so aus? Oder hätten sie eine bessere Idee für eine Formulierung?



Ich sehe es ALS Tod wenn jemand Hirntod ist, aber habe es so formuliert, da ja davon nicht alle überzeugt sind. Denn wenn ich es so geschrieben hätte, wäre sicherlich der Einwand gekommen woher ich denn weiss dass man wirklich TOD ist :-)

Schönen Abend Dora
Dr. A. Flaccus
DMF-Moderator
Beiträge: 4444
Registriert: 06.03.05, 08:30
Wohnort: Hildesheim
Kontaktdaten:

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

A. Jäckel hat geschrieben:Wie haben Sie diesen Spagat denn formuliert? Einerseits will man für sich keine Beatmung und Intensivmedizin, andereseits aber spenden? Sie wissen als Fachfrau, dass sich das ja ausschließt.
Für mich ist das kein Spagat. Die Feststellung der Hirntodes oder der dazugehörigen "infausten" Prognose findet innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes statt (wenige Tage).

Wenn Menschen für sich Beatmung und Intensivmedizin ausschließen, meinen Sie damit: Langes Leiden, Langzeitbeatmung, sprich einen wochenlangen Verlauf.

A. Flaccus
Dr. A. Flaccus
Facharzt für Anästhesie
- Notfallmedizin -
DMF-Moderator
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

Dr. A. Flaccus hat geschrieben:Wenn Menschen für sich Beatmung und Intensivmedizin ausschließen, meinen Sie damit: Langes Leiden, Langzeitbeatmung, sprich einen wochenlangen Verlauf.
Sorry, das interpretieren Richter, und deren Interpretation ist relevanter als unsere, anders. Ärzte, die Patienten trotz anderer Verfügung (typische Formulierung hier
Bundesministerium für Justiz: Patientenverfügung hat geschrieben:In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich dass keine künstliche Beatmung durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Beatmung eingestellt wird, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linderung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf.
) intubieren und künstlich beatmen, handeln klar rechtswidrig und sind auch schon verurteilt worden. Wie kann man das formulieren und sich beide Möglichkeiten offenhalten? Der Horror, den viele Menschen verständlicherweise für sich ausschließen möchten, dass sie im Falle einer Gehirnschädigung ohne Aussicht auf Besserung an Maschinen dahinvegetierend am Leben erhalten werden, ist obligatorischer Bestandteil der dann nicht mehr patietenzentrierten sondern spenderzentrierten "organprotektiven" Behandlung vor der Explantation. Das ist es, was ich oftmals bemängele. Es wird nicht vollständig aufgeklärt, unter den Teppich gekehrt, beschönigt. Dabei gibt es nichts zu beschönigen. "Hirntod" ist per definitionem ein Zustand, in welchem der Körper und Teile des Nervensystems noch leben müssen. Diese umstrittene Definition und der damit gewollte Schwebezustand zwischen Leben und Tod, wo der Mensch nur noch als Ressource gesehen wird, ist erst durch die moderne Intensivmedizin inklusive maschineller Beatmung möglich geworden. Ob man sich der lebenswichtigen Organe schnell oder langsam bedient, ist aus meiner Sicht nicht erheblich.
  • Hirntote halten ihre Homöostase durch zahlreiche endokrine und kardiovaskuläre Funktionen aufrecht
  • regulieren selbständig ihre Körpertemperatur
  • bekämpfen Infektionen u. a. durch Fieber
  • reagieren mit Katecholamin- und Blutdruckanstieg auf Schmerzreize
  • produzieren Exkremente und scheiden diese aus
  • hirntote Kinder wachsen und setzen ggf. ihre Geschlechtsentwicklung fort
  • hirntote Schwangere können die Schwangerschaft über Monate aufrecht erhalten und gesunde Kinder entbinden
  • die durchschnittlichen Überlebenszeiten Hirntoter wären höher, wenn nicht der Tod durch Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen bzw. durch Organentnahme eingetreten wäre
(Vgl. Quelle: Sabine Müller, Revival der Hirntod-Debatte: Funktionelle Bildgebung
für die Hirntod-Diagnostik, Ethik Med (2010) 22:5–17)
Aus meiner Sicht müssen das alles die Menschen wissen, bevor sie sich für einen Spenderausweis entscheiden. Auch über den Widerspruch einer Patientenverfügung, die das ausschließt, was für eine Transplantation notwendig ist. Sonst bleiben Fragen offen und eine immense Rechtsunsicherheit für die behandelnden Ärzte.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Hallo Herr Jaeckel,

da haben sie sicherlich vollkommen recht, dass es da noch viel Handlungsbedarf gibt, was Formulierungen von Verfügungen, Organspendemöglichkeiten etc. betrifft.
ABER was ich bei ihren Äusserungen nicht nachvollziehen kann ist, dass sie zwar aufführen, dass ein Hirntoter Mensch ja noch "Restfunktionen" hat wie sie ja verdeutlicht haben.

ABER die Konsequenz ist doch trotzdem immer das Abschalten der Maschinen . Ob da jetzt Restfunktionen da sind oder nicht. Ich habe es noch nie erlebt, dass nach einer Festellung des Hirntodes eines Patienten, weiter therapiert wurde. Also hat das Thema Hirntod-diagnostik nicht zwingend etwas mit der Transplanationsmedizin zu tun?!

Unter dem Aspekt der Organspende stellen sie den Hirntod in Frage, aber unter dem Aspekt der Beendigung des Künstlich-am-Leben-haltens JEDOCH nicht.

Daher habe ich nicht das Gefühl, dass das Hauptproblem die Feststellung des Hirntodes ist und das Anzweifeln an dem "wirklichen" Tod, sondern einfach die ganze Thematik der Transplantationsmedizin, was auch wichtig ist, da sicherlich noch viele Schritte erfolgen müssen, um dieses System zu verbessern.

Lg Dora
Benutzeravatar
jaeckel
Administrator
Beiträge: 9061
Registriert: 15.09.04, 10:49
Wohnort: Bad Nauheim

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von jaeckel »

Ohne Leichenspenden-Transplantationsmedizin brauchte man das Hirntodkonzept nicht. Dann würde ein Mensch, auch ein hirngeschädigter Mensch, bis zu seinem Tod als Mensch behandelt und nicht als Ressource, Gemüse oder Organbank betrachtet.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
doratheexplorer
DMF-Mitglied
DMF-Mitglied
Beiträge: 172
Registriert: 08.05.12, 19:01

Re: Organspende bei Hirntod

Beitrag von doratheexplorer »

Hallo,

dann würde mich ja doch interssieren, wie sie dann entscheiden würden ob man eine Maschine abstellen darf oder nicht? Nach Gefühl? Wird rechtlich sicher nicht durchsetzbar sein?
Wenn sie keinen Anhalt über Hirnaktivität, Reflexe etc haben, töten sie womöglich einen Menschen, der noch lebt. Und das ist ja wie jeder weiss in Deutschland verboten.

Oder meinten sie, dass man die Menschen als "Gemüse" weiterleben lassen soll über Jahre ?

UND warum ist eine Lebendspende ethisch voll vertetbar? Man entfernet bei einem GESUNDEN Menschen ein Organ (könnte man also auch als Ersatzteillager sehen) und da es ja tolle Ersatzverfahren gibt, wieso brauchen wir dann Lebendspender? Ein naher Angehöriger steht unter enormen Druck, wenn er vor die Wahl einer Lebendspende gestellt wird. Und die Risiken bei so einem Eingriff sind sicherlich kein Zuckerschlecken.

bis zu seinem Tod als Mensch behandelt
das halte ich für sehr fraglich

Lg Dora
Antworten Thema auf Facebook veröffentlichen Thema auf Facebook veröffentlichen