Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

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Elphisan
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Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von Elphisan »

Guten Tag,

ich würde mich über ein kleines "Brainstorming" zu der folgenden Symptomatik und den Werten freuen. Insbesondere Ideen, was dahinter stecken könnte.

Körperliche Beschwerden:
  • Anfangs Muskelschmerzen ähnlich Muskelkater im Schulter- und Beckengürtel, plötzlich aufgetreten, anfangs noch mild, Steigerung in wenigen Tagen auf NRS 7-8
  • Ca. 3 Wochen später kommen starke Rückenschmerzen im Bereich der LWS hinzu, ausstrahlend in die Beine im Sinne einer Lumbiischialgie mal links, mal beidseits. NRS 8
  • Muskelschmerzen bleiben bestehen, teils sehr stark, konzentrieren sich auf die "Oberseite" des OS sowie die Leistenregion. Sich steigernde Muskelschmerzen vor allem im rechten Oberarm, milder auch im linken OA, die mittlerweile auch in Ruhe auftreten. NRS teils 9
  • Nach etwa sechs Wochen Schmerzen im Daumengrundgelenk bei der Beugung (Während der Prednisolon-Therapie, zu dem Zeitpunkt ausschleichend noch 20mg). Anhaltend.
Erste Diagnose beim Hausarzt: Polymyalgia rheumatica. Therapie 20mg Prednisolon. Am Folgetag beschwerdefrei, ab dem Tag darauf vollständige Rückkehr der Muskelschmerzen
Zweite Diagnose beim Rheumatologen: Ebenso PMR, wieder Predisolon als Stoßtherapie, beginnend mit 50mg, ebenso erfolglos

Labor:
  • Rheumafaktoren negativ
  • Anti-CCP negativ
  • BSG unauffällig
  • Leukozytose mit 13.8
  • Komplement C3 erhöht 214 (Ref 90-180mg)
  • LDH erhöht 272 U/l (Ref <250 U/l)
  • AP erhöht 143 U/l (Ref 40-130 U/l)
(eventuell wegen Prednisolon? Zum Zeitpunkt des Labors lag die letzte Einnahme (20mg) 15 Tage zurück)
  • CRP 47 mg/l (Ref < 5mg/l)
  • HS-CRP 50mg/l (Ref <5mg/l)

Dritte Verdachtsdiagnose: Spondylodiszitis. Wurde vom Radiologen im MRT ausgeschlossen.
Stattdessen sehr blander Verdacht auf Spondylitis ankylosans, da "Shiny corners" an Wirbelkörperkanten und erhöhte Kontrastmittelaufnahme der Ligamenta interspinosa. Signalanhebung entlang der Muskelfaszie der autochtonen Rückenmuskulatur.
Daraufhin Etoricoxib 60 mg 1-0-1-0. Leichte Verbesserung des Rückenschmerzes auf NRS 5-6, Ischialgie bleibt bestehen und verstärkt sich teils.
Ebenso bleiben die starken Muskelschmerzen bestehen.
Keine sonstigen "Bechterew-begleitenden" Beschwerden.
Kein Fieber. RR und BZ immer im Normbereich.
Bei allen Beschwerden anfangs Besserung im Tagesverlauf (aber erst gegen Mittags), dies ist nun nicht mehr der Fall.
Ab frühem Nachmittag Erschöpfungsgefühl in den Beinen, wie nach einer langen Fahrt auf dem Fahrrad. Teils geht kurz die Muskelspannung verloren, dadurch unsicheres Laufen..

Außerdem: Seit ca. einem Jahr Fremdkörpergefühl im Rachen. Leicht linksseitig. HNO o.B., Schilddrüsenschall ebenfalls (Rechter Lappen 10cm³, linker Lappen 6cm³, TSH normal)
Röntenbreischluck o.B.

Seit 3 Jahren gelegentlich auftretender leichter Schmerz (eher Druckgefühl) auf kleiner Fläche (50-Cent-Stück) im Bereich des linken Brustkorbs unterhalb der Achsel. Verschwindet bei Bewegung.
Pneumologie (Rö) o.B., auch knöchern o.B. EKG unauffällig. Da keine Ursache zu finden war, haben wir uns auf eine gelegentliche Interkostalneuralgie geeinigt.

Was fällt Euch dazu ein? Wo würdet ihr noch suchen, welche Fachrichtungen sollten beteiligt werden? Die Labore zeigen ja möglicherweise eine bakterielle Infektion mit reaktiver Arthritis / Myositis.

Danke für die Einschätzungen.
Elphisan
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von Elphisan »

Falls es für andere von Interesse ist, beantworte ich meine Frage nun selbst :-)

Es war letzten Endes dann doch eine Polymyalgia rheumatica - mit dem bedeutenden Unterschied, dass ich einen hohen Steroidbedarf habe, was dazu führte, dass die vorherigen Therapieversuche fehlschlugen. Zum Schluss kam ich nicht mehr selbstständig aus dem Bett heraus, so dass ich ins Krankenhaus kam.

Dort wurde nach gründlicher Diagnostik mit mehr als Maximaldosis Prednisolon "die Entzündung rausgeprügelt" (Zitat des Arztes). Im meinen Falle 120mg über drei Tage, danach 60mg + Reduktionsschema + Methotrexat. Das funktioniert bis jetzt sehr gut, bin mitterweile auf 35mg Prednisolon "runter". Dauert aber noch ein paar Monate, bis ich komplett ausgeschlichen habe. Gleichzeitig läuft auch jetzt noch ein umfangreiches Tumorscreening, weil die Polymyalgie in Verdacht steht, gelegentlich keine rheumatische Ursache zu haben, sondern die "Fernwirkung" eines unentdeckten Tumors zu sein.
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jaeckel
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von jaeckel »

Ungewöhnlich. Sind in der ersten Pahse mal die Marker HLA B27, ANA, ANCA untersucht worden?
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
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Elphisan
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von Elphisan »

Hallo,

Antwort hat etwas gedauert, aber besser spät als nie.

Therapieversagen bei 25mg Predinsolon, dazu neu Schmerzen in der Wadenmuskulatur. Erhöhung auf 40mg, damit deutliche Besserung bzw. Symptomfreiheit. Wöchentliche Reduktion um 5mg
Weiterhin umfangreiches Tumorscreening, bislang negativ. Nächster stationärer Termin in zwei Wochen in einer Fachklinik zur weiteren Abklärung. Soviel Kortison auf Dauer geht ja nicht.. irgendwann klopft Cushing an :cry:

ANA: negativ
ANCA: negativ
HLA-B27 wurde nicht gemacht
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von jaeckel »

Elphisan hat geschrieben: 09.09.20, 13:57 HLA-B27 wurde nicht gemacht
Das wäre eine sinnvolle Ergänzung.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von Elphisan »

Danke, werde ich dann in der Klinik zur Sprache bringen
Elphisan
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Re: Polymyalgiforme Beschwerden und erhöhte Entzündungsmarker

Beitrag von Elphisan »

Ein halbes Jahr später :D will ich die offene Frage mal beantworten: HLA-B27 ist negativ.

Inzwischen vier KH-Aufenthalte, weiterhin keine belastbare Diagnose, anhaltende Schmerzen an verschiedenen Lokalisationen. Derzeit wird die Immunsuppression runtergefahren, MTX seit einem Monat raus, Predni bei 4mg alle zwei Wochen um minus 1mg. Strategie dahinter: Eine sich hinter der Immunsuppression vielleicht versteckende Rheumaerkrankung "demaskieren".
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