Es ist inzwischen pathophysiologisch klar, warum HES gerade in allen Situationen mit vermindertem Perfusiondruck geeignet ist die Rate an Nierenversagen und Mortalität zu erhöhen. Die akute Nierenschädigung kömmt natürlich erst mit Zeitverzögerung und das Outcome kann man immer erst viel später resümieren. Wenn man hauptsächlich die Akutsituation (präklinisch oder OP, Narkose) vor Augen hat, ist HAES akut evident segensreich und wirksam. Trotzdem sollte man die Warnungen der nephrologischen Intensivmediziner nicht ignorieren. Denn akut gerettet und doch später verstorben ist eben auch tot. Leider erreichen unsere nephrologischen Konsile oftmals die Kollegen/innen nicht, die unbewusst oder mangels Einsehen zu einer späteren akuten Nierenschädigung beigetragen haben. Oft herrscht das Denken vor, im Falle eines Falls hätte man ja CVVHD (Dialyseverfahren auf Intensivstationen)...Aber:
Zitat:
Trotz zahlreicher Fortschritte in der Intensivmedizin und innovativer Entwicklungen bei der Nierenersatztherapie beträgt die Krankenhausmortalität der Intensivpatienten mit nierenersatzpflichtigem ANV unverändert 50–60% [44].
Quelle: Med Klin Intensivmed Notfmed 2012 ·107:141–146 "Die akute Nierenschädigung".
Ani hat geschrieben:
Wir alle wissen: wo es eine Studie gibt, gibt es auch eine Gegenstudie.
Und deswegen sollten wir uns über Leitlinen und Empfehlungen hinwegsetzen?
Ani hat geschrieben:
Oft gibt es keine Alternative.
Ani hat geschrieben:
Und eine schwere Blutung ausschließlich mit Kristalloiden zu behandeln ist utopisch.
Das kann man genauso zurückgeben: Eine schwere Blutung ausschließlich mit Kristalloiden und Kolloiden zu behandeln ist genauso utopisch.
Ani hat geschrieben:
Leider gehen die von Ihnen zitierten Leitlinien nicht auf dieses Problem ein.
Haben Sie die Leitlinie gar nicht gelesen? Seitenweise geht es um nichts anderes. Z.B.:
Zitat:
Eine weitere Studie von Bickell et al. [11] wies einen negativen Effekt einer Volumentherapie auf das Überleben nach Blutung nach. Es wurden in dieser Studie jedoch ausschließlich Patienten mit penetrierenden Verletzungen des Torsos eingeschlossen. 1.069 Patienten wurden in die Studie aufgenommen. In diesem selektierten Krankengut führte die Einleitung einer Volumentherapie in der präklinischen Phase zu einer Erhöhung der Mortalität von 30 % auf 38 % und zu einer Erhöhung der postoperativen Komplikationen in der Gruppe mit der präklinischen Volumentherapie von 23 % auf 30 %. Die Autoren schlossen hieraus, dass eine präklinische Volumentherapie nicht durchgeführt und dass die chirurgische Therapie so rasch als möglich eingeleitet werden sollte. Viele Autoren schlossen sich dieser Aussage in Übersichtsarbeiten oder experimentellen Untersuchungen an [9, 45, 48, 60, 67, 77, 82]. Die Autoren heben aber stets die Situation der unkontrollierbaren intrathorakalen oder intraabdominellen Blutung hervor. Die chirurgische Therapie sollte in dieser Situation so rasch als
möglich erfolgen und nicht durch präklinische Maßnahmen verzögert werden. Eine moderate
Volumentherapie mit einer „kontrollierten Hypotension“ und einem systolischen Blutdruck um 90 mmHg sei anzustreben [10, 36, 51, 69] [...]
Schlüsselempfehlung:
Beim polytraumatisierten Patienten nach stumpfem Trauma mit hypotonen
Kreislaufverhältnissen können hypertone Lösungen verwendet werden.
Bei penetrierendem Trauma sollten hypertone Lösungen verwendet werden,
sofern hier eine präklinische Volumentherapie durchgeführt wird.
Bei hypotonen Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma kann eine
hypertone Lösung verwendet werden.
[...]
2. Substitution von Sauerstoffträgern EK-Gabe (funktionelles Ziel: Hb 6 [–8] g/dl, aber hämostaseologisches Ziel bei massiver Blutung: Hkt 30 % bzw. Hb ~10 g/dl [6,2 mmol/l])
Quelle :
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitli ... -07_01.pdfAni hat geschrieben:
Ich selber bin ein großer Befürworter der Substanz und von Patienten mit ANV oder einer chronischen Niereninsuffizienz mal abgesehen (Ausnahme: schwere Blutung) und werde sie auch weiterhin einsetzen.
Bingo. Das ANV kommt ja auch erst mit Zeitverzögerung.
