Hallo,
nabulsiye hat geschrieben:Man muss bedenken meine Mutter hatte im Dezember noch rein GARNICHTS, und nun...Unerklärlich.. Nun kann man sagen das sie ein "Pflegefall" wird.
Ich möchte meine Antwort zunächst auf diesen Satz von Ihnen beziehen. Ich würde ihn etwas anders formulieren: Ihre Mutter hatte entweder bis zum Dezember keine Beschwerden, oder sie hat ihnen von diesen Beschwerden nichts erzählt. Denn ganz sicher ist es, nachdem ich die Auszüge aus dem Arztbrief gelesen habe, dass ihre Mutter schon einige Jahre krank gewesen sein muss, denn all diese Dinge, die dort beschrieben stehen, entstehen nicht in wenigen Monaten und auch nicht aus heiterem Himmel. Trotzdem ist es natürlich möglich, dass sie keinerlei Beschwerden hatte, denn das tückische viele dieser Erkrankungen ist, dass sie in den frühen Phasen oft völlig unbemerkt bleiben. Genau darum gibt es ja die Vorsorgeuntersuchungen, die alle zwei Jahre von den Krankenkassen bezahlt wird.
Ich werde das jetzt im Detail erläutern:
nabulsiye hat geschrieben:- Beatmungspflichtig respiratotische Insuffizienz bei exazerbieter COPD
Bedeutet, dass sie eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung hat. Das Wort chronisch beschreibt, dass dies keine akute Erkrankung ist, sondern bereits Jahre bestanden hat. Diese chronische Lungenerkrankung hat zu einem akuten Lungenversagen geführt, wodurch eine Beatmung erforderlich wurde.
nabulsiye hat geschrieben: - Teilanteriorinfarkt mit diskreter beinbetonter Hemiparese links
Bedeutet einen Schlaganfall rechts mit einer Beinschwäche links. Zu der Frage, warum diese entstanden ist, komme ich gleich noch.
nabulsiye hat geschrieben: - DDD-SM Implantation (MeditronicSENSIA SED R01) SickSinusSyndrom mit Synkope bei Bradykardie
Bedeutet, dass sie einen Herzschrittmacher hat, der aufgrund eines kranken Sinusknotens implantiert wurde. Der Sinusknoten ist der natürliche Herzschrittmacher des Menschen, er sendet ca. einmal pro Sekunde einen Stromstoß in das Herz, wodurch sich der Herzmuskel zusammenzieht, um das Blut in den Kreislauf zu pumpen. Genau diese Stromstöße kann man im EKG sehen, man kann eben auch erkennen, ob unser körpereigener Schrittmacher (Sinusknoten) noch regelrecht funktioniert oder nicht. Eine mögliche Störung hier ist das Sick-Sinus-Syndrom, welches im Fall ihrer Mutter zu einer deutlichen Verlangsamung des Herzschlages (Bradykardie) mit folgender Bewusstlosigkeit geführt hatte. Aus diesem Grunde war ein Schrittmacher notwendig.
nabulsiye hat geschrieben: - Rhagardenformige FIII Ulceration im Antrum
- Sooroesphagitis
Das sind Erkrankungen des Magens (Magengeschwür), sowie ein Pilzbefall der Speiseröhre.
nabulsiye hat geschrieben: - globale kardiale Dekompensation
Bedeutet eine akut aufgetretene massive Schwäche des Herzens, was dazu geführt haben muss, dass der Blutkreislauf nicht mehr ausreichend war. Dies kann zu Atemnot führen, aber auch zu deutlichen Schwellungen zum Beispiel der Beine.
nabulsiye hat geschrieben: - selbt limitierende VT am 11.03.2014
Eine VT ist eine so genannte ventrikuläre Tachykardie. Es handelt sich um eine sehr schnelle Herzrhythmusstörung, die unter Umständen lebensgefährlich sein kann, wenn sie nicht von selbst wieder aufhört, was man dann selbst limitierend nennt.
nabulsiye hat geschrieben: - Polyglobulie mit einmaliger Aderlasstherapie
Eine Polyglobulie ist ein Zustand des Blutes, bei dem im Blut zu viele Zellen vorhanden sind. Dies kann eine eigenständige Erkrankung sein, aber auch Folge einer chronischen Lungenerkrankungen. Auch dies ist eine Erkrankung, die nicht plötzlich auftritt, sondern schon längere Zeit bestanden hat. Die Therapie einer Polyglobulie ist der Aderlass.
nabulsiye hat geschrieben:- Cardiovaskuläres Risikoprofil
° Diabetes mellitus Typ 2
Mit kardiovaskuläres Risikoprofil sind all jene Faktoren gemeint, die an Herzkreislauf eine Verschlechterung hervorrufen können. Im Fall ihrer Mutter ist das ein Diabetes mellitus Typ 2, also eine Zuckerkrankheit, die nicht sofort mit Insulin behandelt werden muss. Weitere mögliche Risikofaktoren sind zum Beispiel hohe Cholesterinwerte, Übergewicht, fehlende sportliche Betätigung usw.
Auch die Zuckerkrankheit entsteht langsam und über Jahre, macht dabei aber fast nie Beschwerden, jedenfalls in den ersten Jahren nicht.
nabulsiye hat geschrieben:CT Schädel: Verdacht auf relativ frischen Anteriorinsult mit Oedemzone der insbesondere im sogenannten Strokefenster sichtbar wird. Kein Blutungsnachweis.
MRT Schädel: Nach MRT-Kriterien unter drei bis vier Tage Alter Anterioteilinfarkt mit Beteiligung des Gyrus frontalis superior und der Mantelkante rechts. Keine Einblutung, keine raumfordernde Wirkung.
Hier werden die Befunde aus CT und MRT beschrieben. Es handelt sich um einen Schlaganfall.
nabulsiye hat geschrieben:Röntgen Thorax: Unverändert Linksherzverbreiterung und Linksbelastung mit jedoch kompletter Rückbildung der Insuffizienzzeichen. Kein Nachweis infilitrativer Veränderung. Z. n. SM-Anlage mit regelrechten postoperativen Verhältnissen. Übliche Elektrodenpositionierung.
Auch hier handelt es sich um die Beschreibung einer Untersuchung. Die Linksherzverbreiterung und Linksbelastung zeigt, dass insbesondere im linken Herzen eine Herzschwäche oder Belastung vorliegt. Die akuten Zeichen dieser Schwäche sind jedoch (offensichtlich im Vergleich zu einer Voraufnahme) nicht mehr zu erkennen. Infiltrative Veränderungen würde man zum Beispiel bei einer Lungenentzündung oder bei einem Lungenkrebs vorfinden, solche liegen jedoch nicht vor.
nabulsiye hat geschrieben:EKG bei Aufnahme: Sinusrhythmus, Niedervoltage, Knotung in III, RS-Umschlag V5/V6, R-Verlust von V1-V5, S-Presistenz bis V6, Linkstyp, Frequenz 64/Min.
Jeden einzelnen Befund dieses EKG ist zu erklären, würde ziemlich lange dauern, denn man kann an einem EKG eine Menge erkennen. Auf zwei Punkte möchte ich jedoch eingehen:
R-Verlust: dies kann ein Zeichen eines alten Vorderwandinfarktes sein.
Linkstyp: beschreibt vereinfacht ausgedrückt die Richtung, in der der Strom im Herzen hauptsächlich fließt. Menschen im Alter ihrer Mutter haben fast immer einen Linkstyp.
Noch eine Anmerkung: Ihre Mutter hatte bei der stationären Aufnahme einen Sinusrhythmus. Das bedeutet dass zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme ihr eigener Schrittmacher regelrecht funktioniert hat.
nabulsiye hat geschrieben:Echokardiographie: LA 50mm restliche Herzhöhlen obere Norm. Leichgradig konzentrische LVH mit erhaltener EF ca. 60%. Diastolische Relaxationsstörung. Keine sicheren regionalen Kontraktionsstörung. Klappen mäßig degeneriert, kein höhergradiges Vitium darstellbar TAPSE normwertig, PAP syst. 31 mmHg + ZVD (5) = leichte PAH, chronische Rechtsherzbelastung. Kein Perikarderguß, V. Cava nicht gestaut.
Dies ist die Beschreibung der Ultraschalluntersuchung des Herzens. Auch hier möchte ich nicht jeden einzelnen Begriff erklären. die Abkürzung LVH bedeutet jedoch eine links ventrikuläre Hypertrophie. Der Herzmuskel am Herz ihrer Mutter war also im Bereich des linken Herzens verdickt. Dies kann ein Hinweis auf einen seit längerem bestehenden Bluthochdruck oder eine andere seit längerem bestehende Herzerkrankung sein.
Unter Vitium versteht man einen Herzklappenfehler. Ein solcher konnte bei ihrer Mutter nicht nachgewiesen werden, jedenfalls keiner, der therapeutische Konsequenzen hätte.
Die Abkürzung PAH steht für pulmonal-arterielle Hypertonie. Dies bedeutet ein Bluthochdruck im Lungenkreislauf, so etwas ist von außen nicht messbar. Aber auch dies zeigt eine chronische Belastung des Herzens an, möglicherweise als Folge der chronisch obstruktive Lungenerkrankung.
Ein Perikarderguss ist eine Wasseransammlung im Herzbeutel – lag bei ihrer Mutter nicht vor.
Die Vena cava ist die Hohlvene im Körper, sie war nicht gestaut, es lag also zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Belastung im Körperkreislauf vor.
nabulsiye hat geschrieben:Langzeit EKG: Durchgehendes Vorhofflimmern. Durchschnittliche Herzfrequenz 58/min. Maximal 151/min, minimal 37/min um 23:37 Uhr. Ca. 490VEs, 8 Couplet Episoden, einer Bigemini/Trigemini, eine Episode mit ventrikulärer Tachykardie. Die VT trat um 14:12 mit einer Frequenz von 120/min und einer Dauer von einer Sek. auf. Keine Pause über drei sek.
Im Gegensatz zum bei Aufnahme durchgeführten Ruhe EKG zeigt das Langzeit EKG einen völlig anderen Befund. Hier besteht ein durchgehendes Vorhofflimmern, was bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt der Schrittmacher im Herzen ihrer Mutter nicht regelrecht funktioniert hat. Mehr noch: dieses Vorhofflimmern kann einen Schlaganfall auslösen und es ist durchaus zu vermuten, dass dies bei Ihrer Mutter auch passiert ist. Damit haben wir hier eine mögliche Ursache für den Schlaganfall, wie oben ja bereits angedeutet. Die kritische Frage ist, ob auch bereits in einem früheren EKG dieses Vorhofflimmern nachweisbar war. Falls ja, hätte man ihrer Mutter eine Blutverdünnung verordnen müssen, in der Regel mit Marcumar.
Des weiteren wurden im Langzeit EKG Extraschläge festgestellt, die teilweise in gewisser Regelmäßigkeit auftraten. Über die ventrikuläre Tachykardie habe ich ja oben schon geschrieben. Bei ihrer Mutter bestand sie nur 1 Sekunde und war damit auch nicht gefährlich.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen wesentliche Zusammenhänge in der Erkrankung ihrer Mutter erklären. Wie Sie daraus erkennen können, war ihre Mutter offensichtlich schon länger krank, entweder ohne Beschwerden, oder sie hat dies vor Ihnen verheimlicht, oder ist nicht zum Arzt gegangen. Das kann ich aus der Ferne jedoch nicht beurteilen. Wenn Sie weitere Fragen haben sollten, zögern Sie nicht, diese hier zu stellen