Notärztemangel

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LandesstudioOst
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Notärztemangel

Beitrag von LandesstudioOst »

Hallo an alle,

wir planen für unsere Nachrichtensendung RTL-Aktuell einen Beitrag zum Notärztemangel in Deutschland. Dazu sind wir noch auf der Suche nach verlässlichen Zahlen zum Thema: Wie viele Notärzte fehlen in Deutschland insgesamt? Welche Regionen sind besonders stark betroffen?

Wer Hinweise jeglicher Art hat: Bitte gern bei uns melden.

Danke und viele Grüße
Franka

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S_Steingrobe
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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

Das Feld ist für die Recherche etwas komplexer, als das man einfach nur Zahlen finden oder nehmen könnte.

Diese Zahlen werden geläufiger Weise entweder in den einzelnen Kreisen aufgezeichnet und ob man diese auch erhalten kann, steht dann wieder auf einem anderen Blatt. Man ist natürlich geneigt solche "Abmeldungen" und auch Nicht-Besetzungen von NA Standorten zu negieren, da es schlichtweg auch schlechte PR ist.

Wichtiger als die eigentliche Frage: Wann und wie oft melden sich NA Standorte ab? - ist die Frage - warum?

Dazu kommen vielerlei Aspekte ins Spiel die von "zu wenig Ärzten im Dienstgeschäft der Kliniken" bis hin zu "finanziellen Streitigkeiten" reichen.

Letzteres ist sicherlich aber mit den anderen Punkten zu verknüpfen. Doch warum?

Hier eine interessante Studie von PwC zum Thema, die sicherlich einen der Kernpunkte mit trifft: Den fortschreitenden Fachkräftemangel:

http://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-u ... mangel.pdf

Es existieren auch Zahlen von Verbänden die darlegen wollen, das es in jedem Bundesland genügend Ärzte mit Fachkundenachweis Notfallmedizin gibt, was natürlich richtig ist. Dabei ist übersehen worden, inwieweit diese genannten Ärzte fachlich noch dazu in der Lage sind, dieser Tätigkeit nachzugehen, wenn der Fachkundenachweis oder vergleichbare Qualifikation, vor 10 Jahren (Beispiel) erworben wurde oder/und auch keine Erfahrung in diesem Bereich über die letzten Jahre gesammelt wurde. Somit muss diese Zahl deutlichst reduziert werden.

Alles in allem läuft es auf finanzielle Streitigkeiten zwischen den Kliniken, Trägern des Rettungsdienstes sowie Kostenträgern hinaus, in das die aktuelle Diskussion über die Aufnahme von Versorgungsleistungen des RD mit zu betrachten ist (Diskussion: Ist RD wirklich nur noch eine reine Transportleistung?).

Gepaart mit dem drohenden Fachkräftemangel in dem jährlich auch X% Ärzte das Land aufgrund der schlechten Arbeits- und Lohnbedingungen verlassen, ist sicherlich die Grundantwort dafür, das in bestimmten Regionen nicht mehr ausreichend Notärzte für den Dienst zur Verfügung stehen.

Umstrukturierungen mit der neuen Ausbildung des Notfallsanitäters können die Notarzteinsatzraten reduzieren und somit die Vorhaltung ggf. über größere Bereiche verteilen. Somit ist aber das Kernproblem nicht angegangen. Zwar führt langfristig über die nächsten Jahrzehnte der Einsatz von NFS zu einer vermutlichen Reduktion von Notarzteinsätzen und mit möglichen Erweiterungen auch zu verbesserten, sachgerechteren Alarmierung der Notärzte welches ein derzeit teilweise vorkommendes inflationäres Einsetzen dieser vermindert (Bsp: Berlin 70 % mehr Notarzteinsätze bei 80 % Abbruchrate am Einsatzort), doch bedarf es dazu noch einiger struktureller Veränderungen im gesamten Bundesgebiet die viel Zeit in Anspruch nehmen. (Wir haben die letzten Jahrzehnte diesen Prozess verschlafen).

Sie sehen, es ist nicht einfach dieses Thema wirklich hochqualitativ aufzuarbeiten, wenngleich die genannten Zahlen sehr schwer zu beschaffen sein werden (alleinig können Sie auch nicht viel darstellen) da die Kommunen und Städte diese nur inoffiziell behandeln werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Sascha Steingrobe
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Re: Notärztemangel

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Guten Abend,

zuerst einmal halte ich es für notwendig, das Sie sich hier mit Ihrem vollen Namen vorstellen und den Betreiber des Forums um die Genehmigung eine solchen Anfrage bitten.

Außerdem ist mir Ihre Fragestellung nicht ganz klar:

Was meinen Sie mit "Notärztemangel"?

:arrow: Der Mangel an niedergelassenen Ärzten, die auf dem Land die normale Notdienst-Tätigkeit nicht mehr sicherstellen können?

:arrow: Oder einen Mangel an "echten" Notärzten, also denen, die mit Blaulicht zu lebensrettenden Einsätzen unterwegs sind?

Was ist der Hintergrund Ihrer Anfrage?

Ich habe Ihren Beitrag aus dem anderen Thread zunächst einmal ins Supportforum verschoben, damit Sie hierzu Stellung nehmen können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
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jaeckel
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Re: Notärztemangel

Beitrag von jaeckel »

Mein Beitrag bezieht sich auf die eigentlichen (Blaulicht-)Notärzte. Kann man wirklich von einem Mangel sprechen, wenn sich regelmäßig ein (Fach-) Arzt mit Zusatzbezeichnung Notfallmedizin findet, der z.B. per Notarzt-Börse einen Dienst kurzfristig (meist längere Anfahrtswege u. -kosten) im Schnitt für 25 bis 35 Euro brutto übernimmt? Notärzte müssen in aller Regel ihre vorgeschriebene Sicherheits-Kleidung, sonstige Ausrüstung und auch Versicherungen von diesem Bruttolohn bestreiten. Meine Hypothese: Es gibt keinen Mangel aber eine unangemessene Vergütung. Klinik-Bereitschaftdienste werden für Externe meist doppelt so hoch vergütet.

@Steingrobe:
Warum die Einführung des NFS die Anzahl der Notarzteinsätze reduzieren sollte, ist vollkommen unklar. Vielerorts haben die RD-Mitarbeiter schon heute Kompetenzen für sog. "erweiterte Maßnahmen". Diese dienen aber doch nur der Überbrückung bis zum Eintreffen des alarmierten Notarztes. Woraus lesen Sie, dass das anders werden sollte?
Alles Gute!

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plimplam
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Re: Notärztemangel

Beitrag von plimplam »

jaeckel hat geschrieben:Meine Hypothese: Es gibt keinen Mangel aber eine unangemessene Vergütung
Sehe ich absolut genau so. Ich selbst habe meine Notarzttätigkeit an einem unlukrativen Standort komplett aufgegeben. Bezahlt wurde nach Einsatzzahl. Bei einer Schicht mit weniger als zwei Einsätzen lag der Nettostundenlohn im einstelligen Eurobereich.
Daher sollte genau geprüft werden, ob an einem Standort mit unbesetzten Notarztschichten ein Mangel an Ärzten vorliegt oder aber ein Mangel an Bereitschaft der theoretisch verfügbaren Ärzte, zu diesen Bedingungen zu arbeiten.
S_Steingrobe
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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

jaeckel hat geschrieben: @Steingrobe:
Warum die Einführung des NFS die Anzahl der Notarzteinsätze reduzieren sollte, ist vollkommen unklar. Vielerorts haben die RD-Mitarbeiter schon heute Kompetenzen für sog. "erweiterte Maßnahmen". Diese dienen aber doch nur der Überbrückung bis zum Eintreffen des alarmierten Notarztes. Woraus lesen Sie, dass das anders werden sollte?
Dadurch, das bisherige häufig für nicht klar regulierte Zustände das NEF hinzugezogen wurde, was sich zukünftig ändern wird. Durch die heilkundliche Ausübung des NFS werden z.B. die Einsätze für reine Analgesien bei z.B. UA, US Frakturen etc. entfallen, da dieses dem NFS zugesprochen wird in eigener Regie diese zu analgesieren. Eine Nachforderung ist durch den NFS selbst zu entscheiden und ist keine Notwendigkeit mehr, um diese Maßnahme durchzuführen, was auch durch die Regelkompetenz keinen besonderen Grund mehr erfordert. Somit werden bestimmte Maßnahmen und Therapiekonzepte zur Stabilisierung des Patienten in eigener Verantwortung durchgeführt werden können, die keine Lebensbedrohlichkeit des Patienten mit einschließt. Dieses bedeutet auch, das z.B. auch bei Hypoglykämien, Monoanalgesie etc. der Einsatz von Notärzten reduziert werden kann, was es ermöglicht eine ressourcengerechte Verteilung zu ermöglichen.

Diese von Ihnen beschriebene Überbrückung ist nur dann gegeben, wenn eine notärztliche Indikation besteht. Sollte sie nicht bestehen, wie oben beschrieben, obliegt es dem NFS einen hinzuzuziehen oder den Patienten in eine weitere ärztliche Therapie z.B. im Krankenhaus zu überstellen.
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Re: Notärztemangel

Beitrag von Ani »

Was für eine heilkundliche Aufgabe des NotSan? Was erzählst Du da für einen Quatsch, Sascha? Der NotSan darf bestimmte Maßnahmen ausführen, die ihm ein ärztlicher Vorgesetzter zuweist. Mehr nicht. Und was das im Einzelnen sein wird, steht noch völlig in den Sternen.
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Re: Notärztemangel

Beitrag von jaeckel »

@S_Steingrobe:
S_Steingrobe hat geschrieben:Diese von Ihnen beschriebene Überbrückung ist nur dann gegeben, wenn eine notärztliche Indikation besteht.
Genau. Da aber potenziell lebensbedrohliche Zustände Vorraussetzung für die Übernahme (nach vorheriger Delegation) von heilkundlichen Maßnahmen ist, besteht de facto immer eine NEF-Indikation. :kopfstreichel:
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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

Ani hat geschrieben:Was für eine heilkundliche Aufgabe des NotSan? Was erzählst Du da für einen Quatsch, Sascha? Der NotSan darf bestimmte Maßnahmen ausführen, die ihm ein ärztlicher Vorgesetzter zuweist. Mehr nicht. Und was das im Einzelnen sein wird, steht noch völlig in den Sternen.
Ani, ich gebe das wieder, was in der Gesetztesvorlage und jetzt im Gesetzestext steht - dort ist angegeben:

Code: Alles auswählen

§4... 2c
c) [u]eigenständiges Durchführen von heilkundlichen Maßnahmen,[/u] die vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst oder entsprechend verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzten bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und –situationen standardmäßig vorgegeben, überprüft und verantwortet werden,
Was da stehen wird, ist noch nicht festgelegt, da hast Du Recht. Es ist aber durchaus eine Option die ich von einigen ÄLRD mit denen ich gesprochen habe, umgesetzt werden soll. Somit ist deren Auffassung jene, die ich oben geschrieben habe. Reduktion von unnötigen NEF Einsätzen bei festgelegten Bildern, die eigenständig abgearbeitet werden sollen.

@Jaeckel:
Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Situation ist keine Notwendigkeit zur Ausbübung dieser Tätigkeiten - siehe Gesetzestext:
c) Durchführen angemessener medizinischer Maßnahmen der Erstversorgung bei Patientinnen und Patienten im Notfalleinsatz und dabei Anwenden von in der Ausbildung erlernten und beherrschten, auch invasiven Maßnahmen, um einer Verschlechterung der Situation der Patientinnen und Patienten bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung vorzubeugen, wenn ein lebensgefährlicher Zustand vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind,
Damit ist eindeutig gesagt, das ...Verschlechterung der Situation des Patienten bis zu... dem Beginn euer weiteren ärztlichen Versorgung vorzubeugen....wen wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind.

Ich will mich gar nicht en detail streiten, aber der Sinn ist das Personal ressourcengerecht einzusetzen und für eine Monoanalgesie oder Hypoglykämie ist es bei komplikationsfreihem Verlauf nicht notwendig ein NEF für die "Begutachtung" hinzuzuziehen. Die Auffassung der Einsatzreduktion durch optimalere Aufgabenverteilung ist u.A. nicht nur meine Auffassung, sondern auch die der GKV, DBRD, HiOrgs etc. welche ich den einzelnen Stellungnahmen und auch in dem Anhang zum Gesetz gefunden werden kann.

Wie dann im Einzelnen die Aussagen der ÄLRD und deren Notwendigkeit der Anpassung Ihrer Leitlinien basierend auf aktuellen Aussagen oder auch dem Wunsch des Trägers RD aussehen wird, bleibt gespannt abzuwarten.

Ziel soll es sein, so die Intention des Gesetzes, die Ausbildung zu verbessern, die gesetzlichen Grundlagen zu verbessern und zukünftig die Einsatzressourcen gezielter einsetzen zu können. Das heißt auch, den Notarzt nicht inflationäre zu gebrauchen. Was würde dem entgegen stehen?
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Re: Notärztemangel

Beitrag von jaeckel »

@S_Steingrobe: Ihre Wünsche in allen Ehren. Aber da steht überall, dass Ärzte die Verantwortung zu übernehmen haben oder es, wie jetzt auch, Überbrückungsmaßnahmen "bis zum Eintreffen der Notärztin oder des Notarztes oder dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung" sind. Soweit das Gesetz.
S_Steingrobe hat geschrieben:@Jaeckel:
Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Situation ist keine Notwendigkeit zur Ausbübung dieser Tätigkeiten - siehe Gesetzestext:
:roll: Sie sollten Ihr Zitat mal genau lesen ohne die wesentlichen Einschränkungen zu überlesen:
wenn ein lebensgefährlicher Zustand vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind
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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

Ja ist doch genau beschrieben:

wenn eine lebensbedrohliche Situation vorliegt oder wesentliche Folgeschäden zu erwarten sind...

Welcher Folgeschaden zu erwarten ist oder wann der NFS der Meinung ist, das eine Therapie notwendig ist, um einen möglichen Folgeschaden zu vermeiden, ist seine Interpretation vor Ort. Die wird ihm juristisch auch keiner nehmen können.

Auch werden die kommenden Maßnahmen nicht als "kann" gewertet werden sondern als "muss". Somit kann der NFS nicht mehr auswählen, ob er das tut, sondern ist dazu verpflichtet seine heilkundlichen Maßnahmen einzusetzen.

Wie weit die ÄLRD Druck bekommen, auf derzeitigem Niveau einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, entzieht sich noch meiner Kenntnis, doch kann ich mir durchaus vorstellen, das hier gewisse Anforderungen an die Therapiebreite vom Personal durch den Träger und die GKV gestellt werden, im Rahmen des Ausbildungsstandes. Ich hoffe, das eine angemessene Auswahl und Strukturierung bereitgestellt wird, das nicht wieder diese inhomogene Situation auftreten wird - NEF Nachforderungen aufgrund eines PVZ gehören damit der Vergangenheit an, was dem System auch schon von Anfang an nicht dienlich war.

Seien wir auch mal ehrlich. Es macht wenig Sinn ein NEF zu einem adäquat analgesierten Patienten oder nach Hypoglykämie zu senden, nur um nach mal "nach dem Rechten" zu schauen. Das ist Ressourcenverschwendung und hat letzten Endes für den Patienten 0 Nutzen. Notärzte bleiben, aber sollen bitte auch dann eingesetzt werden, wenn der NFS nicht mehr weiter kommt, denn der voranschreitende Fachkräftemangel macht auch nicht bei den Ärzten halt. Sofern dann noch die HA Dichte weiter abnimmt, wird sich dort auch ein weiteres Betätigungsfeld im Zuge der Aufgabenübernahme durch nichtärztliches Personal ergeben. Ich denke nicht, das die Politik und die GKV bereit sind, dort schnellsmöglich gegen zu steuern - jedenfalls sehe ich keine Aktionen auf dem Gebiet derzeit.
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Re: Notärztemangel

Beitrag von plimplam »

S_Steingrobe hat geschrieben:Notärzte bleiben, aber sollen bitte auch dann eingesetzt werden, wenn der NFS nicht mehr weiter kommt, denn der voranschreitende Fachkräftemangel macht auch nicht bei den Ärzten halt.
Hier geht es eben nicht mehr um den Patienten sondern um Berufspolitik. Kein Notarzt mehr verfügbar, daher muss jetzt das Rettungsfachpersonal übernehmen.
Aus eigener Erfahrung gibt es keinen Notarztmangel an lukrativen Standorten. Und dass man keine Notärzte findet an Standorten, an denen der Kollege mit niedrigsten Einnahmen in einer Besenkammer seinen Dienst absitzt, das liegt eher nicht daran, dass alle Ärzte ins Ausland abgewandert sind.
Man könnte natürlich auch fordern, dass die Bedingungen derart gestaltet werden müssen, dass jeder Notarztstandort auch mit einem Notarzt besetzt ist. Aber das wäre für den Paramedictraum des Herrn Steingrobe nicht förderlich.
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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

plimplam hat geschrieben:
S_Steingrobe hat geschrieben:Notärzte bleiben, aber sollen bitte auch dann eingesetzt werden, wenn der NFS nicht mehr weiter kommt, denn der voranschreitende Fachkräftemangel macht auch nicht bei den Ärzten halt.
Hier geht es eben nicht mehr um den Patienten sondern um Berufspolitik. Kein Notarzt mehr verfügbar, daher muss jetzt das Rettungsfachpersonal übernehmen.
Aus eigener Erfahrung gibt es keinen Notarztmangel an lukrativen Standorten. Und dass man keine Notärzte findet an Standorten, an denen der Kollege mit niedrigsten Einnahmen in einer Besenkammer seinen Dienst absitzt, das liegt eher nicht daran, dass alle Ärzte ins Ausland abgewandert sind.
Man könnte natürlich auch fordern, dass die Bedingungen derart gestaltet werden müssen, dass jeder Notarztstandort auch mit einem Notarzt besetzt ist. Aber das wäre für den Paramedictraum des Herrn Steingrobe nicht förderlich.
Nicht ganz korrekt. Die Berufspolitik wird vor allem von Ihren Standesorganisationen gemacht, die mit Angstmache und falscher Interpretation von Studien durch das Böse - dem Paramedicsystem - die Bevölkerung in den Abgrund stürzen sieht. Das ist aber gar nicht die Intention. Das Rettungsdienstfachpersonal mit ausreichend guter Ausbildung, die Anforderungen die ich nannte in einem hohen qualitativen Maß erbringen kann, ist weltweit bekannt und wird gelebt. (Natürlich legt sich jeder die Fakten wie es ihm beliebt, aber es ist wichtig die ausschließlich positiven Beispiele zu nehmen und von diesen zu lernen!) Dieses dem Personal in einem engen Rahmen zu übertragen, ist also nicht nur gut so, sondern auch verantwortungsbewusst dem Patienten gegenüber. Notarztmangel hin oder her - er ist allgegenwärtig und wir müssen die Ressourcen der Patiententherapie auf breite Beine stellen. Daher auch der Gedanke entsprechende Einsätze der NEF zu limitieren und zwar in den Bereichen, in denen NFS sicher operieren können. Dabei geht es nicht, wie immer wieder gerne angeführt wird, um die RSI oder Chest Drain, sondern um einfache und sicher zu erlernende Maßnahmen. Wichtig ist dabei, das diese bei den Kollegen auch regelmäßig durchgeführt werden, um die Sicherheit in der Anwendung zu bekommen und das gilt für beide Seiten. Daher ist es nur richtig, wenn sie diese auch als Regelkompetenz, wie jetzt durch das Gesetz verabschiedet, kommt.

Aber vielleicht sollten wir ja lieber dem Beispiel von Frau Guentert folgen und die Kosten die wir in die NFS Ausbildung stecken, in die Notärzte investieren, um somit den Kopf weiter in den Sand zu stecken, weiter horrende Kosten (siehe Berlin) zu produzieren die aber eigentlich in der Qualität weder gemessen, noch zeitgemäß sind. Wir sind alle Beteiligte an einem Prozess in dem der Patient der Mittelpunkt ist, doch wieder wird mit Sandförmchen geschmissen und Institute wie PwC haben falsche Zahlen, es muss nur mehr Geld für das NEF Wesen gezahlt werden und man vergisst dabei ganz, das das nicht die Lösung ist.

Nur wenn die Ressourcen zukünftig sinnvoll eingesetzt werden und die Möglichkeiten die man hat, genutzt werden, hat das System eine Chance zu überleben und sich weiter zu entwickeln.
Daran mitzuwirken hat man nun die Chance. Stellt man sich auf die Hinterbeine, wie es die BÄK und Co getan haben, muss man langsam feststellen, das Ihnen die Zuhörer schwinden und sich mit denjenigen vereinigen, die konstruktiv voranschreiten und nicht mit Polemik Ihre Reden untermauern.
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Re: Notärztemangel

Beitrag von jaeckel »

plimplam hat geschrieben:Hier geht es eben nicht mehr um den Patienten sondern um Berufspolitik.
Genau. Allgemeiner Notärztemangel, sofern er besteht, ist hausgemacht. Manchen passt er ins Bild und sie reden ihn herbei,
- weil man kommerzielles Interesse und/oder
- berufspolitisches Interesse hat. Dafür habe ich Verständnis. Wahr wird der Notarztmangel aber dadurch nicht.
Alles Gute!

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Re: Notärztemangel

Beitrag von S_Steingrobe »

jaeckel hat geschrieben:
plimplam hat geschrieben:Hier geht es eben nicht mehr um den Patienten sondern um Berufspolitik.
Genau. Allgemeiner Notärztemangel, sofern er besteht, ist hausgemacht. Manchen passt er ins Bild und sie reden ihn herbei,
- weil man kommerzielles Interesse und/oder
- berufspolitisches Interesse hat. Dafür habe ich Verständnis. Wahr wird der Notarztmangel aber dadurch nicht.
Ich will gar nicht bestreiten und das schrieb ich glaube ich in meinem ersten Beitrag - das es häufig eine Finanzierungsfrage zwischen Träger, GKV und den Krankenhäusern ist - die dazu führt, das es zu solchen Umständen kommt. Derweilen sind es auch strukturschwache Regionen, in denen - wie angeführt - der Anästhesist der NA Dienst hat auch gleichzeitig der Hintergrund ist und somit nicht immer verfügbar ist.
Eine Lösung muss geschaffen werden, damit diese Problematik nicht mehr besteht.

Unabhängig von dem Notarztmangel gilt es dennoch, die vorhandene Ressource sinnvoll einzusetzen.

Vielleicht können wir uns darauf einigen:
1 - Notarztmangel besteht, basierend auf Interessenskonflikten und Finanzierungsproblemen regional
2 - Notärzte sollte zukünftig über einen verbesserten Indikationskatalog und eine umfangreichere Option durch den NFS, zielgerichteter eingesetzt werden, gerade um die Finanzierung des Systems zu verbessern.
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