Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

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VK-Retter
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Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte? II

Beitrag von VK-Retter »

Da - merkwürdigerweise - der gleichnamige Thread nun gesperrt ist und ich mir abe nur ungerne etwas vorwerfen lasse ohne das mir die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben wird nun an dieser Stelle:

Ich lasse einfach eine Studie für mich sprechen:

Eingangsumfrage im Rahmen des hier schon genannten INTECH Seminars.
Veröffentlichung z.B. M. Bernhard und B. Böttiger im Rahmen der Polytrauma S3 Richtlinien auf dem DINK 2011
Auch aufgegriffen durch z.B. Timmerman A, Anaesthesist 2007; 56:328-334
Kursteilnehmer sind ALLE Notärzte!

Anzahl in der ETI in der Klinik <20 = 18,0% der nicht anästhesiologisch tätigen Teilnehmer!!
Bei den extraglottischen Atemwegshilfen sind es dann sogar
Nur Übung am Modell: 26,5%
Keine praktischen Kenntnisse: 41,9%

Sicherlich kann man nicht davon ausgehen, dass alle Teilnehmer schon die "neue" Zusatzbezeichung Notfallmedizin haben, aber ich denke das ist auch nicht besonders relevant - die meisten NAs haben sie schließlich nicht.
Darüber hinaus sind mir persönlich 4!! Notärzte bekannt die genau 0 klinische Intubationen hatten als sie zum ersten mal ihre NA-Jacke angezogen haben....
Wer so etwas schreibt, kennt entweder die Realität nicht oder er möchte nur provozieren. Eine Diskussion auf diesem Niveau werden wir hier nicht weiter führen. Schade um die vertane Chance. Ein enttäuschter Forenbetreiber und engagierter Notarzt.
Das kann man also mit Sicherheit nicht so stehen lassen. Schade um die vertane Cchance sich der Realität zu stellen. Enttäuschter Rettungsassistent und Medizinstudent...
Quid pro quo?
Dr. A. Flaccus
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte? I

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Darüber hinaus sind mir persönlich 4!! Notärzte bekannt die genau 0 klinische Intubationen hatten als sie zum ersten mal ihre NA-Jacke angezogen haben....
Und wann genau haben diese NÄ Ihren Dienst aufgenommen?
1970?
1980?
1990?
gestern?

Es wurde hier nie bestritten, das es auch im ärztlichen Bereich teilweise erhebliche Defizite in der Ausbildung gibt.
Aber der Thread wurde gesperrt, weil die Diskussion zuletzt immer wieder einseitig in Richtung "Arztschelte" verlief.

Ein gutes Beispiel für völlig undifferenzierte Behauptungen dieser Art findet sich auch gleich wieder:
aber ich denke das ist auch nicht besonders relevant - die meisten NAs haben sie schließlich nicht.
Den Thread hat im übrigen der Forenbetreiber und Hausherr des DMF gesperrt.
Das sollte man respektieren und nicht einfach mir Nr. II weitermachen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
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S_Steingrobe
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von S_Steingrobe »

Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich habe da mal wieder was zum Thema beizutragen.

Bitte erstmal durchatmen und dann wird alles gut ;).

Gerade habe ich mich mit einem Kollegen eines Studienganges unterhalten und Informationen über eine durchgeführte Studie erhalten.

Die Veröffentlichung der Studie steht noch bevor, daher werde ich zu den Daten nur das Ergebnis präsentieren, aber nicht wo sie durchgeführt wurde und wer daran beteiligt war.
Link bzw. mehr Informationen gibt es nach der Veröffentlichung.

Die Studie hat die Therapie beim ACS durch die NEFs und die weitere Therapie durch den First Pass bzw. den ER in einer großen deutschen Stadt untersucht.
Kriterien sind die Versorgung des Patienten mit diagnostiziertem STEMI , NSTEMI/UAP nach den derzeit allgemeingültigen internationalen Therapierichtlinien des ERC, AHA, der Fachgesellschaften Cardiologie etc.

Die Protokolle die vom NEF ausgefüllt wurden plus die Therapie in der Notaufnahme bzw. nachfolgende Interventionen wurden begutachtet und lediglich auf die Therapiekonformität hin überprüft.

Leider war das Ergebnis der Studie sehr ernüchternd.
Lediglich eine 61% Übereinstimmung konnte bei einer Gruppe von 100 Patienten in Bezug auf ein eindeutiges ACS/STEMI gefunden werden.
Bei einem Patienten sogar 0%. Hier hat der NA eine Herzinfarkt präklinisch ohne 12-Kanal EKG diagnostiziert und auch keine Therapie eingeleitet, ihn aber so in der Notaufnahme (um 3 Uhr Nachts ohne CathLab Alarm - war auch Katheterlabor in diesem Krankenhaus zu finden) abgegeben. Absolutes Fail hier.

Die Frage die man sich stellen muss, warum lediglich bei eindeutigem ACS/STEMI nur eine 61% Übereinstimmung in Bezug auf die Therapierichtlinien gegeben ist.
(Morphin, Nitro, Clopidogrel, ASS, Heparin, O2 in Abhängigkeit zum ACS und der SatO2, ggf. Lysetherapie bei fehlender Intervention unter 180 min nach Ereignisbeginn, etc...)
Wieviel was vergessen wurde, wird dann noch in den Studienergebnissen bekannt gegeben. Diese Zahlen lagen mir noch nicht vor.

Weiterhin wird nun nach der Studie eine gewisse Anzahl von Rettungsassistenten auf die Infarkttherapie geschult. Morphin kann durch Nalbuphin ersetzt werden, dennoch werden auch Möglichkeiten der Morphingabe durch den RA geprüft.
Nachfolgend soll eine Herzinfakrttherapie alleinig durch den RA erfolgen. Der NA wird, wenn zeitgleich alamiert nicht in die Therapie eingreifen, sofern keine Fehler durch den RA entstehen und die Situation durch ihn beherrscht wird. Prinzipiell wird primär keine NEF zu einem ACS Verdacht alarmiert werden - für diese ausgebildeten RA-RTWs.

Danach wird man diese Studie an diesen RA durchführen und schauen wie hoch hier die Konformität der aktuellen Therapierichtlinien in Bezug auf die Therapie durch den RA ist.
Der Vergleich wird zeigen, ob und wie der RA in der Lage ist eine sichere und vielleicht auch Leitlinien konformere Therapie abzuliefern als der NA derzeit.

Interessanter Ansatz wie ich finde. Vor allem schön, das endlich mal wissenschaftlich gearbeitet wird und entsprechende Daten vorliegen, die man dann nicht mehr wegreden kann.

Mit freundlichen Grüßen,

S.Steingrobe
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Dr. A. Flaccus
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Moin Sascha,

interesannter Ansatz, aber ohne konkrete Infos nur wenig verwertbar.

Gelten Deine Zahlen nur für die Notärzte oder für die gesamte Therapiekette?
Die Protokolle die vom NEF ausgefüllt wurden plus die Therapie in der Notaufnahme bzw. nachfolgende Interventionen wurden begutachtet und lediglich auf die Therapiekonformität hin überprüft.
Waren die Symptome vor Ort immer eindeutig?
Gab es Risikofaktoren, die ein Auslassen bestimmter Medikamente erklären könnte (z.B. niedriger RR und Nitro)?

Ich warte mal die ganze Studie ab, dann urteilen wir weiter.

Gruß
Alfred
Dr. A. Flaccus
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deletet
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von deletet »

Prinzipiell bin ich auch für weniger Notärzte im Rettungsdienst. Dennoch bin ich mir nicht sicher ob das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Die Grundlage für eine bessere Patientenversorgung ist doch, dass die RAs einen weitren medizinischen Weitblick erreichen. Hier wird doch das gegenteil gemacht. Wenn ACS, dann: x, y, z. Womöglich noch in reihenfolge. Situationsbedingte entscheidungen wären doch viel wichtiger.
Angenommen: Patient, Brustschmerz - ausstrahlend in kopf und arm, engegefühl, leichte Luftnot. Ok, EKG dran, Extremitätenableitung zeigt in I eine ST-Streckenhebung. Jetzt kann das 12Kanal-EKG doch eigentlich warten. Ich bin der meinung eine ACS behandlung kann schon eingeleitet werden. Schon ohne EKG finde ich die Anzeichen hinreichend. Ohne die kontrolle mit EKG würd ich aber dennoch nichts machen.

Egal... Bleiben wir mal beim beschriebenen, mit EKG aber ohne 12 Kanal. Der würde schon durfallen. Nur weil 12 Kanal gefehlt hat. So kommt man schnell auf 61%. Wie Dr. A Flaccus schon sagte: RR im Keller ist Käse mit Nitro. ggf stark blunde Wunde - sollte man mit ASS und Heparin vllt auch warten - weiß ich jetzt aber nicht so genau, kenn mich dafür nicht genug aus. Würds wohl am zustand des Patienten fest machen.

Ka, um so mehr ich drüber nachdenke, desto mehr kommt es mir wie ein schritt in die falsche Richtung vor. Tiefergehende internistische und neurologische Fähigkeiten fänd ich auch sehr wünschenswert - vorallem was eine vernünftige Anamnese angeht. Wie toll ich das in der Ambulanz immer finde wenn da einer kommt und sowas sagt wie: Hier, ist kaputt. Das ist echt ausbaufähig. Da würde ich mir einiges an Ausbildung wünschen und ich versuche mir immer viel bei den Ärzten abzugucken, damit ich später nicht auch mal so werde.

Die "Notkompetenz" wurde ja schon zu genüge angesprochen. Bin da aber auch der Meinung, das in der Not aus Inkompetenz keine Kompetenz mehr wird. Auch da sollte sich was tun denke ich.
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von S_Steingrobe »

Dr. A. Flaccus hat geschrieben:Moin Sascha,

interesannter Ansatz, aber ohne konkrete Infos nur wenig verwertbar.

Gelten Deine Zahlen nur für die Notärzte oder für die gesamte Therapiekette?
Die Protokolle die vom NEF ausgefüllt wurden plus die Therapie in der Notaufnahme bzw. nachfolgende Interventionen wurden begutachtet und lediglich auf die Therapiekonformität hin überprüft.
Waren die Symptome vor Ort immer eindeutig?
Gab es Risikofaktoren, die ein Auslassen bestimmter Medikamente erklären könnte (z.B. niedriger RR und Nitro)?

Hallo Alfred,

die 61% gelten nur für die NEF Einsätze.
Die Daten für die Aufnahme habe ich noch nicht bekommen. Es war quasi eine vorab Info was den Rettungsdienst anbelangt.
Ich bin aber auch schon gespannt, was die gesamten Zahlen besagen und welche Kriterien hier für das Auslassen von Maßnahmen festgelegt wurde.
Völlig unkritisch sollte man diese Daten jetzt erstmal nicht verwerten. Die Protokolle die eingeschlossen wurden, hatten aber nach dem Kenntnisstand den ich jetzt habe, eindeutige Einschlußkriterien gehabt, die auf ein ACS/STEMI hingedeutet haben. ST Elevation signifikant, keine Bordeliner, Non-STEMI kriterien, Pardee Q, LSBB frisch etc, etc..
Sofern ich mehr Daten haben, bzw. mir die Veröffentlichung vorliegt, gibts den Link.

Lieben Gruß,

S.Steingrobe
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von S_Steingrobe »

deletet hat geschrieben:Prinzipiell bin ich auch für weniger Notärzte im Rettungsdienst. Dennoch bin ich mir nicht sicher ob das ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Die Grundlage für eine bessere Patientenversorgung ist doch, dass die RAs einen weitren medizinischen Weitblick erreichen. Hier wird doch das gegenteil gemacht. Wenn ACS, dann: x, y, z. Womöglich noch in reihenfolge. Situationsbedingte entscheidungen wären doch viel wichtiger.
Eine SOP konforme Therapie schließt hier nicht die situationsbedingte Therapie aus. Auch hier gibt es Einschluß-/ Ausschlußkriterien wie für den NA, wann Maßnahmen zu erfolgen haben und welche und wann nicht.
Ich sehe dadurch eine geordnete Therapie die nicht unbedingt schlecht sein muss. Dieses gilt es dann an anderer Stelle nochmal zu evaluieren, wie beschrieben.
Bevor man es nicht untersucht hat, kann man nicht sagen, dass es schlecht ist.
deletet hat geschrieben:Angenommen: Patient, Brustschmerz - ausstrahlend in kopf und arm, engegefühl, leichte Luftnot. Ok, EKG dran, Extremitätenableitung zeigt in I eine ST-Streckenhebung. Jetzt kann das 12Kanal-EKG doch eigentlich warten. Ich bin der meinung eine ACS behandlung kann schon eingeleitet werden. Schon ohne EKG finde ich die Anzeichen hinreichend. Ohne die kontrolle mit EKG würd ich aber dennoch nichts machen.
Nichts für ungut, dennoch kann hier bestimmt kein 12 Kanal EKG warten. Lesen bitte mal die ERC Guidelines die hier eindeutig das Vorgehen (nicht NA nicht RA sondern professionelles Personal, also RA und NA) bestimmt. Die 12 Kanal Diagnostik ist ein Standbein der Infarktdiagnostik neben POCT Test etc. Ich kann nicht einen möglichen RIVA Infarkt dadurch diagnostizieren, dass ich nur eine Ableitung sehe. Signifikant ist hier die Hebung vom J-Point mit mehr als 0,1mv in den EA. Dazu müssen es zwei benachbarte Ableitungen sein. Sollte der Patient ein Rechtsversorger sein, kann aber durchaus auch ggf. eine RIVP Verschluss vorliegen. Das muss genau angeschaut sein, denn die Komplikationen sind ggf. andere als bei der RIVA.
Ausserdem will ich wissen wie groß das Infarktareal ist, was mir auch auf die entstehenden hämodynamischen Situation eine Information gibt.
Rettungsasssitenten sollten in der heutigen Medizin sicherlich ein 12 Kanal auf Infarktzeichen hin untersuchen können. Dieses wird vom ERC gefordert und auch von der DIN 1789, sonst gäbe es nicht auf jedem RTW ein 12 Kanal EKG, bzw. ist vorgeschrieben.
deletet hat geschrieben: Egal... Bleiben wir mal beim beschriebenen, mit EKG aber ohne 12 Kanal. Der würde schon durfallen. Nur weil 12 Kanal gefehlt hat. So kommt man schnell auf 61%. Wie Dr. A Flaccus schon sagte: RR im Keller ist Käse mit Nitro. ggf stark blunde Wunde - sollte man mit ASS und Heparin vllt auch warten - weiß ich jetzt aber nicht so genau, kenn mich dafür nicht genug aus. Würds wohl am zustand des Patienten fest machen.

Ka, um so mehr ich drüber nachdenke, desto mehr kommt es mir wie ein schritt in die falsche Richtung vor. Tiefergehende internistische und neurologische Fähigkeiten fänd ich auch sehr wünschenswert - vorallem was eine vernünftige Anamnese angeht. Wie toll ich das in der Ambulanz immer finde wenn da einer kommt und sowas sagt wie: Hier, ist kaputt. Das ist echt ausbaufähig. Da würde ich mir einiges an Ausbildung wünschen und ich versuche mir immer viel bei den Ärzten abzugucken, damit ich später nicht auch mal so werde.

Die "Notkompetenz" wurde ja schon zu genüge angesprochen. Bin da aber auch der Meinung, das in der Not aus Inkompetenz keine Kompetenz mehr wird. Auch da sollte sich was tun denke ich.
Ich kann Ihren Gedanken im 2. Absatz leider schlecht folgen. Vielleicht helfen Sie mir ein wenig auf die Sprünge und formulieren den Text nochmal neu.

Vielen Dank für Ihren Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen,

S.Steingrobe
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Passt zum Thema:

Mal hier gucken...

Manchmal ist es eben doch nicht so einfach, wie es aussieht...

Gruß
Alfred Flaccus
Dr. A. Flaccus
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S_Steingrobe
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von S_Steingrobe »

Hallo Alfred,

schönen Dank für den interessanten Thread.

Genau diesen Fall ist es, der ich auch meinen Teilnehmern immer wieder predige, in Bezug auf die Kontrolle des RR an beiden Armen und die ggf. Beteiligung der Koronarien bei einer möglichen Dissektion.

Schön zu erfahren, dass es wirklich möglich ist.
Ob man dann wirklich die richtige Entscheidung trifft, ist schwer zu berurteilen.
Spannend aber wirklich zu lesen.

Wenns einfach wäre, Alfred, könnts ja jeder ;).

LG Sascha
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von deletet »

Hi

Hab mir ihr Thema mal angesehen, bin aber nur bis zur Auflösung gekommen. Lese nachher mal weiter...
Interessant fand ich, das ich gestern eben einen solchen Fall hatte im KH hatte. Haben auch 12 Kanal abgeleitet und war auch total unauffällig. Wegen Symptome hat der Arzt dann dennoch ACS behandlung eingeleitet und das war wohl auch richtig.

Neben bei habe ich ja auch gesagt: kann warten. Nicht kann man lassen. wenn der NA nachkommen muss hat man oft ja eh die Zeit für 12 Kanal. Richtige Lagerung z.B. vorrausgesetzt sie ist nicht eh schon richtig, würde ich dann erstmal machen. Patient hat Atemnot - Sauerstoff würde ich auch eher machen. Je nach dem wie schwer die schmerzen sind vllt Therapie mit Morphin? (klar, setzt NA vorraus) Das hat dann vllt 2-3 min gedauert. Dann denke ich reicht 12 Kanal immernoch.

Mir stellt sich hier halt genau die Frage, ob dann noch Situationsbedingt gearbeitet wird. Der Mensch neigt nun mal dazu zu sagen: wenn a, dann mach b.

So, rest später, gleich schichtbeginn...

MfG
Deletet
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von jaeckel »

S_Steingrobe hat geschrieben:Prinzipiell wird primär keine NEF zu einem ACS Verdacht alarmiert werden - für diese ausgebildeten RA-RTWs.
Ich hoffe, die Bevölkerung wurde entsprechend aufgeklärt, eine Ethik-Kommission konsultiert und die Haftpflichtversicherung des Rettungsdienstträgers informiert. :roll:

Die Konsequenz einer unzureichenden NA-Ausbildung muss die Verbesserung der Ausbildung sein. Nicht mehr und nicht weniger.

Bei uns gibt es eine absolut gegenteilige Vorreiter-Entwicklung. Vor vielen Jahren wurde ein Netzwerk Herzinfarkt mit Ausbildungskonzept gegründet: Versorgung präklinisch und klinisch absolut standardisiert (kein NA könnte ohne Konsequenzen fürchten zu müssen davon abweichen). Alle RA und NA ziehen an einem Strang. Von der Alarmierung bis zum "Anstich" im Katheterlabor vergehen mitunter kaum 30 Minuten (je nach Entfernung) mit dramatischen Outcome-Verbesserungen. Das i-Tüpfelchen ist die Ausbildung aller NA in der ACLS-konformen Notfallechokardiographie um auch die Kolibris schnell erkennen zu und behandeln zu können. Siehe: FEEL oder hier.
Alles Gute!

Herzlichen Gruss
Ihr

Dr. med. Achim Jäckel
Klinische Akut- und Notfallmedizin
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Nephrologie
Intensivmedizin, Notfallmedizin, Hypertensiologe (DHL), ABS
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von VK-Retter »

S_Steingrobe hat geschrieben:Prinzipiell wird primär keine NEF zu einem ACS Verdacht alarmiert werden - für diese ausgebildeten RA-RTWs.
Dieser Absatz hat auch mich erstaunt. Es ist sicher eine sehr interessante Studie und m.E. spricht auch nichts dagegen ensteprechend ausgebildete RettAss selbstständig ein ACS zu diagnostizieren und behandeln zu lassen - aber bitte nur mit einem NA in der direkten Hinterhand. Es geht ja schließlich nicht nur um die Abarbeitung eines ACS-Algorhythmus, den das kann ich auch einem Affen beibringen. Es geht dabei vielmehr um die seltenen aber hässlichen Komplikationen - und soweit, dass anschließend differenziert HRST behandelt, oder die Kreislaufsituation mit Katecholaminen eingefangen wird wird die "Zusatzausbildung" ja wahrscheinlich eher nicht gehen.
Das dies auch nicht von jemden NA beherrscht wird ist wahr und traurig, aber da kann ich jaeckel nur zustimmen:
jeackel hat geschrieben: Die Konsequenz einer unzureichenden NA-Ausbildung muss die Verbesserung der Ausbildung sein. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich sehe die Studie in der Hinsicht also nicht als Grundlage den NA abzuschaffen/zu reduzieren und den RTW in Zukunft das ACS allein ebehandeln zu lassen, sondern eher wegweisend dafür, dass RTW-Besatzungen in Zukunft (mal sehen wie die Ergebnisse der Studie sind) schon vor Eintreffen des NAs mit Diagnostik und Therapie anfangen um so das therapiefreie Intervall zu reduzieren und das Maximum für den Patienten rauszuholen. Dabei kann es dann sicherlich dazu kommen, dass eine ACS inkl. Lyse oder Katheteranmeldung in der NA landet ohne je einen NA gesehen zu haben weil der eben nicht schnell genug oder gar nicht verfügbar war, aber eben nicht weil er nicht alarmiert wurde. Man kann bei vielen Stichwörtern und Symptomkomplexen über eine NA-Indikation streiten, aber ich denke beim ACS ist sie alleine schon aufgrund der hohen Inzidenz an Komplikationen absolut gerechtfertigt!

Bisher sind aber alles noch Gerüchte und keine Fakten - lasst uns daher warten bis wir wissen wie das Studiendesign wirklich aussieht und wie die Ergebnisse produziert wurden. Ich bin sehr gespannt!!
Quid pro quo?
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von Adromir »

Leider hab ich heute im Dienst ein Erlebnis gehabt, daß bei mir die Frage aufgeworfen hat, ob die ärztliche Schulung in Notfallsituationen zumindest in Teilen nicht doch noch zu dürftig ist. In einer Reanimationssituation musste ich leider die diensthabende Ärztin freundlich aber bestimmt vom Ambubeutel wegkomplimentieren und die Beatmung übernehmen, da diese nicht erkannte, daß sie die Beatmungsmaske falsch herum aufgesetzt hat, also das Nasalteil auf das Kinn presste und komplett insuffizient beatmete..

Solche Dinge DÜRFEN einfach nicht passieren, aber der Schluss soll jetzt nicht sein "Alle Ärzte haben davon keine Ahnung", man müsste schauen, woran es in dieser Situation gelegen hat.
S_Steingrobe
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von S_Steingrobe »

Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,

um jedem Mißverständnis vorzubeugen:

Hier geht es nicht darum, wieder mal den Artz an den Pranger zu stellen, sondern wirklich zu hinterfragen.
Ob und wie werden die Guidelines umgesetzt. (Hier gilt es wie von den Vorrednern beschrieben darum, ob es Ausschlußkriterien gab, die eine Guidelinientherpaie nicht zugelassen haben.)
Wenn die Guidelines nicht umgesetzt worden sind, trotz der Möglichkeit in der Situation muss erforscht werden, woran es liegt.
Hier gibt es dann viele Möglichkeiten: Unwissen durch schlechte Ausbildung, Hausinterne Therapien die sich von den Guidelines unterscheiden bis hin zur Selbstüberschätzung ( "ich weiß es eben besser als die Guidelines" ) welches Fatal wäre.

Sollten die Daten in allen Einzelheiten vorliegen, ist es sicherlich notwendig die ärztlichen Stützpunktleiter zu kontaktieren und hier Fragen zu stellen um Antworten und einen guten Weg zu finden.

Untersuchungen dieser Art sollten im Zuge der Patientensicherheit und Qualitätsoptimierung in einem dauerhaften Prozess stattfinden und nicht vereinzelt oder gesondert mal aufblitzen. Dieses gilt für alle Personengruppen die im Rettungsdienst arbeiten.

In Bezug auf die RA Therapie beim ACS, sehe ich es als Sinnvoll an, dass der NA sich im Hintergrund hält und der RA die Therapie durchführt, bzw. auf Abruf steht. Damit die Studienergebnisse vergleichbar sind, bzw. darstellbar sind im Vergleich sollte eine sehr späte bzw. gar kein Eingriff durch den NA (ausser bei Therapieverfehlungen) stattfinden, da sonst die Ergebnisse verfälscht werden würden.

Entsprechenderweise muss dieses durch die Ethikkomission und die entsprechenden Instanzen bestätigt werden.

Spannend gilt hier ja die Aussage des ERC, dass der Ersthelfer dem ACS Patienten schon ASS geben soll, der RA es eigentlich aber - laut BÄK nicht tun sollte.
Muss sich der RA dann demnächst über die Leitstelle den Ersthelfer von nebenan nachfordern für das ASS, bis der NA eintrifft? :roll:

Ich bin auf die weiteren Ergebnisse der Studie gespannt.

Mit freundlichen Grüßen,

S.Steingrobe
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deletet
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Re: Geht es um Ausbildungsverbesserung oder um NA-Schelte?

Beitrag von deletet »

Lol... ASS durch ersthelfer :lachen: Mal durch die Fußgängerzone gehen und gucken wie viele Fußgänger ASS grade da haben... Am besten 500mg i.v. (kommt das hin?)?
Vllt haben die ja sogar 5 mg Morphin dabei und etwas heparin (5000 einheiten und en bischen über perfusor?).

Ne, also ganz im Ernst, wenn im ERC wirklich steht, das Leien ASS verabreichen sollen, bevor der NA da ist, weiß ich nicht ob es anzustreben ist, alle danach auszubilden. Da weiß der Arzt ja garnicht mehr was er machen soll: Der patient hat sich in Panik schon 25 mal Nitro unter die Zunge gespritzt, und dann kommen noch ersthelfer, die ihren letzen Kurs 1945 gemacht haben und hauen dem Patienten noch Medics rein von denen sie 0 Plan haben? Das kann nichts sein. Am besten dann auch noch so, das der Patient die Aspiriert, weil ASS oder was der Helfer dafür hält endobronchial eh besser wirken :roll:

Auch ich habe nichts gegen notärzte. Ich finde einfach, dass der RD ein eigener Beruf ist, und auch dem Entsprechend mit Rechten ausgestattet sein sollte. Ich finde so wie es im moment läuft einfach nicht ok. Für mich ist das auch keine Teamarbeit. Ein RA ist kein Pfleger. Die einstellung: Ich hole mir nen Deppen der dem patient die hand hält bis der Arzt da ist einfach affig. Wenn ich mir dagegen mal angucke wie die Ärzte im KH mit den Schwestern zusammen arbeiten, ist das ein ganz anderes Bild. Das würde ich schon mal sehr anstrebenswert finden. Aber nicht nur von den Ärzten, sondern auch von den Rettern. Denn ich habe auch bei denen das gefühl das die ihren Job einfach sehr lässig nehmen, in besonderem Maße die der Feuerwehr. In den letzten 2 Wochen hatte ich sicher 10 mal eine Übergabe wie: Hier, ist Kaputt - ach ja, mal mal deinen Namen druter, damit ich wieder weg kann.
Hier schließe ich dann auch noch mal an mein Posting vom 21.06 an. Dort wünschte ich mir im Rettungsdienst für den RA eine bessere internistische und neurologische Ausbildung. Ich halte das für sehr wichtig wenn man so sieht, wie sehr viele übergaben laufen. Ich fände es sehr anstrebenswert wenn der RA auch bei internistischen Fällen eine vernünftige (verdachts)diagnose aufstellen kann, auf die sich ein Arzt dann verlassen kann. Das würde ich als einen guten Schritt empfinden, dem RA mehr Rechte zu geben, die er sich damit dann auch verdienen würde. Die Studie, wie auch immer sie nun ausgehen mag, finde ich einfach zu wackelig. Grade Dr. A. Flaccus verlinktes Thema zeigt doch deutlich, wie unklar solche Situationen sind.

EDIT:
Intensivierung der "geriatrischen Fähigkeiten" empfände ich auch sehr wichtig... Was ja auch nicht im widerspruch zur intensivierung von internistischen und neurologischen Fähigkeiten steht!
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