VU mit Gefahrguttransporter

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solutio
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VU mit Gefahrguttransporter

Beitrag von solutio »

Hallo

Wie soll man sich denn verhalten, wenn ein Gefahrgfuttransporter bsp. auf der Seite liegt und man, als erstes Rettungsfahrzeug eintrifft.

Wann würdet Ihr auf die Feuerwehr warten, wann würdet Ihr euch dem Unfall nähern?
Ist für mich doch schwierig zu erkennen, ob es gefährlich ist....
jaegi
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Beitrag von jaegi »

Das ist sicherlich so ein Ding, was man mit der örtlichen Feuerwehr bestimmt regeln könnte. Es gibt ja so kleine DIN A4 Seiten mit Symbolerklärung und Gefahrguttransporte müssen ja kenntlich gemacht werden.

Andernfalls, wenn ich nun von vorne (Führerhaus) mit meinem Fahrzeug komme und sehe das hinten Flüssigkeit austritt, versuche ich doch erst einmal nach dem Fahrer zu schauen, ob er nicht vielleicht auch so herausgeholt werden kann. (Außer er ist eingeklemmt)

Komme ich von hinten und sehe einen Totenkopf oder ähnliches und das Zeug verteilt sich auf der Straße, werde ich bestimmt nicht dadurch gehen, sondern mich erstmal schön fern halten bis ich weiß das ich mich selbst nicht gefährde.
solutio
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Beitrag von solutio »

Und was ist mit Explosionsgefahr? Giftigen Dämpfen, die ich vielleicht gar nicht sehe??
fa7x110
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Beitrag von fa7x110 »

Hey,
deine frage ist nicht mit "tu dies so und so" zu beantworten. Es ist eine sehr komplexe und schwierige Situation, die jeden von uns an seine Grenzen führen kann. Du solltest dich dem Fahrzeug auf jeden Fall mit dem Wind nähern, also deinen RTW in "Luv" von dem verunfallten LKW postieren und dich auch ausschließlich von dort nähern. Kannst du das Gefahrengutschild sehen und die Kennzahlen entziffern hast dueinen ersten Überblick, Explosionsgefahr etc. pp.. Das Nachfordern der Feuerwehr istselbstverständlich ebenso das du versuchst verbalen Kontakt mit dem Fahrer auf zu nehmen. Solte Flüssigkeit auslaufen die sichtbar verdampft, dann blos wegbleiben. Selbst wenn sich der Fahrer in sichtlicher vitaler Bedrohung befindet musst du wegbleiben, sonst haben deine Kollegen zwei Patienten.
Genaues Vorgehen besprichst du am besten mit dem Gefahgutfachmann deiner zuständigen Feuerwehr oder dem Dozenten deiner Schule.
Anke-
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Beitrag von Anke- »

Hallo,

bei uns ist gerade eine ABC-Gruppe im Aufbau. Vor kurzem hatten wir eine Schulung bei der Feuerwehr. Dort wurde gelehrt, dass erst aus der Ferne eine Kontaktaufnahme zur Feuerwehr gemachte werden sollte. Die Nummern der orangenen Tafeln muss durchgegeben werden. Was mich ziemlich erstaunt hat, ist, dass diese Nummer sehr oft nicht! mit dem genauen Inhalt übereinstimmen.
Dann nach Rücksprache handeln. Bei Giftunfällen unklarer Giftstoffe, prinzipiell auf die Feuerwehr warten, es wird immer vom schlimmsten ausgegangen. Dort dann die Übernahme des hoffendlich noch lebenden Pat. nach dekontanimation. Bei schwereren Verletzungen hat ein Pat. wohl kaum eine Chance, da die FFW bei uns, mit den Schutzanzügen keine Erstversorgung durchführen kann und bis der Pat. dann gerettet ist und durch die Dusche ist, kann es mitunter schon sehr lange gehen.
Ich war echt erschrocken, was so alles Transportiert wird und frage mich echt, ob die Brummi Fahrer überhaupt wissen, was sie geladen haben.
Die genauen Angaben über das Giftzeugs (genaue Zusammensetzung usw.) stehen in den Papieren, die irgendwo im Führerhaus aufbewahrt werden müssen. Nicht mehr wie früher vorne und hinten am Laster in einer Aussentasche!

Selbstschutz geht vor!!! Giftgase können auch geruchslos sein und bis man weiss woher der Wind kommt, kann man auch schon daneben liegen!
Je nach Giftklasse, können bis zu 999 kg Gefahrgut ohne Kennzeichnung transportiert werden!
Der Abtransport (die Entsorgung) des Gefahrguts wird duch die Auftragsfirma des Unfalllasters duchgeführt und je nach dem, wo diese sitzt, kann das doch recht lange gehen und so ein Einzatz kann zumindest für die FF sehr langwiehrig werden.

Habe im Nov. einen Lehrgang in der Schweiz darüber und hoffe, dann mehr berichten zu können.
Wie gesagt, die Gruppe ist erst im Aufbau und es fanden erst zwei Schulungen statt, die allerdings sehr interessant waren.

Viele Grüsse
Anke
Thomas H.
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Beitrag von Thomas H. »

Hallo Leute,

ich verstehe die Frage nicht ganz. Jeder Gefahrguttransporter ist mit den Kemmlerzahlen gekennzeichnet, die folgende Bedeutung haben:

2 = Entweichen von Gas unter Druck oder chem. Reaktion
3 = Entzündbarkeit von Flüssigkeiten (bzw. deren Dämpfe)
4 = Entzündbarkeit von Feststoffen (Selbsterhitzungsfähigkeit)
5 = Oxidierende (brandfördernde) Eigenschaft
6 = Giftig
7 = Radioaktivität
8 = Ätzwirkung
9 = Gefahr einer spontanen heftigen Reaktion
X = Reaktion mit Wasser

Ist eine Ziffer doppelt benannt (z.B. 33) bed. das eine Verdopplung der Gefahr (erhöhte Gefahr). Steht eine "0" mit an (z.B. 30) handelt es sich um eine einfache Gefahr.

Diese Ziffern sind auf den gelb-orangen Gefahrguttafeln in der oberen Zeile gut sichtbar angebracht. Sie sollten jedem Rettungsdienstler bekannt sein, ich für meinen Teil habe eine laminierte Karte dabei auf der die og. Zahlen stehen.

Eine Warntafel ohne Ziffern deutet auf eine Mischgutfracht hin, so dass mehrere Stoffe/Gefahren auf einem Fahrzeug befindlich sind.

Die Rettung aus dem Gefahrenbereich ist immer (!!!) Aufgabe der Feuerwehr, diese ist dafür ausgerüstet und ausgebildet. Ein Durchschnittsrettungsdienstler (wie z.B. ich) haben hier die Hände von zu lassen. Bei einem Gefahrgutunfall ist die FW immer mit zu alarmieren. Ist dies nochnicht gesehen hole ich das an der E-Stelle nach, primär hierfür ist unerheblich ob das Gefahrgut austritt oder nicht!

Hoffe einingen Leuten ein bisschen geholfen zu haben!

Gruß
jaegi
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Beitrag von jaegi »

thx for the Info!

Die Sachen waren mir so auch noch nicht bekannt. Werd wohl mal ein wenig "googlen" gehen.


hab hier was gefunden:
FFW Achim http://www.feuerwehr-achim.de/module-pa ... id-80.html
Dort steht so ziemlich alles über Gefahrgut
Thomas H.
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Beitrag von Thomas H. »

Sollte allerdings Inhalt jeder RD-Ausbilung sein! Geht immerhin um den Eigenschutz

Gruß
Roy Barsch
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Beitrag von Roy Barsch »

Originalzitat von Anke:
Die genauen Angaben über das Giftzeugs (genaue Zusammensetzung usw.) stehen in den Papieren, die irgendwo im Führerhaus aufbewahrt werden müssen. Nicht mehr wie früher vorne und hinten am Laster in einer Aussentasche!

Selbstschutz geht vor!!! Giftgase können auch geruchslos sein und bis man weiss woher der Wind kommt, kann man auch schon daneben liegen!
Je nach Giftklasse, können bis zu 999 kg Gefahrgut ohne Kennzeichnung transportiert werden!
Der Abtransport (die Entsorgung) des Gefahrguts wird duch die Auftragsfirma des
Unfalllasters duchgeführt und je nach dem, wo diese sitzt, kann das doch recht lange gehen und so ein Einzatz kann zumindest für die FF sehr langwiehrig werden.
Hallo Anke,
ich glaube das stimmt nicht ganz.
Denn wie "Thomas H." schon sagte, hat jeder Gefahrguttransporter eine orangene Tafel + der sog. Kemmler-Zahl, die GUT SICHTBAR AM FAHRZEUG angebracht sein muss und in keiner Dokumentenmappe liegt. Das der LKW inkl. Gefahrstoffe von der Auftragsfirma beseitigt wird, dürfte eine Seltenheit sein, denn:
- Ein Standort der Firma/Fabrik (whatever) ist selten am Unfallort und so wären die
Eintreffzeiten, der Werksfeuerwehr inakzeptabel bis utopisch!
- Die FF/BF wird in den meisten Fällen mindestens "Amtshilfe" leisten, denn mit einer
Hilfsfrist von 8 min. (in Rheinland-Pfalz) ist sie in der Regel als erster am Unfallort
- mit dem Arbeitsaufwand hat die Hilfe durch die Werksfeuerwehr nichts zu tun! Das ist
Einsatzplanung durch die FF/BF vor Ort, der Grund ist, das die Werksfeuerwehren (ich
denke das an die Jungs der WF BASF Ludwigshafen, WF Bayer Lerverkusen, WF Opel
Kaiserslautern...) in solchen Sachen mehr Erfahrung haben, wie eben eine FF.

Leider wird das Thema in RD Ausbildungungen nur unzureichend gelehrt, so ist meistens bei der E-605 Vergiftung Schluss....

In diesem Sinne, Grüße,
R.B.
Die Steine des Leids bauen die Säulen des Glücks
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Beitrag von Dr. Ch. Erbschwendtner »

Hallo Leute !

Die Kenntnisse (Sympole und Kemmlerzahlen) sind absolute Basics zum Überleben.

Achtung: Ich verlasse mich aber nicht mehr darauf ! Oft (vor allem bei Mischladungen) stimmen sie nicht. Auch gibt es genug schwarze Schafe, die teilweise falsch deklarieren.

Selbstschutz geht einfach vor.

Aus leidvoller Erfahrung bin bei LKW-Unfällen extrem vorsichtig geworden. Wir sind einmal (das komplette NAW Team) wegen so was ausgefallen (Augenprobleme über TAge, zum Glück ohne Folgeschäden). Das trotz Anwesenheit der Feuerwehr, bis die Substanz klar und die Evakuierung plus C-Schutz Anzug angeordnet waren, sind locher 15 Minuten vergangen.

Gruß

Erbschwendtner
Dr.Ch. Erbschwendtner
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jaegi
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Beitrag von jaegi »

Dr. Ch. Erbschwendtner hat geschrieben:[...] Aus leidvoller Erfahrung bin bei LKW-Unfällen extrem vorsichtig geworden.[...]

Wie würden Sie denn nun nach dieser Erfahrung vorgehen?
Gehen wir davon aus, dass der Fahrer des Transporters/Lkw´s schwerverletzt ist.


Gruß,
Joro
Dr. Ch. Erbschwendtner
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Beitrag von Dr. Ch. Erbschwendtner »

Hallo Jaegi !
Wie würden Sie denn nun nach dieser Erfahrung vorgehen?
Gehen wir davon aus, dass der Fahrer des Transporters/Lkw´s schwerverletzt ist.
Darf ich die Frage anders formulieren: "Was hilft ein toter oder verletzter Notarzt oder RA einem schwerstverletzten Patienten ?"

Selbstschutz geht vor !

Gruß

Erbschwendtner
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Thomas H.
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Beitrag von Thomas H. »

Erwähnt werden sollte noch, das auch leere Gefahrguttransporter gefährlich sein können. So ist ein voll Restgase "beladener" Bezintransporter explosiver als ein "voller" LKW:

Auch sein noch genannt dass sich in den Fahrzeugpapieren (und hinter den orangenen Tafeln) Informationen zur speziellen Ersten Hilfe verbergen. Sollte es Vergiftungs-/Verätzungserscheinungen geben, lasst euch die Papiere von der FW besorgen!

Grüßle
Anke-
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Beitrag von Anke- »

Hallo Herr Barsch,

ich kann nur das weitergeben, wir ich es in dieser speziellen Fortbildung gelernt habe. Diese wurde von einem Fachmitarbeiter für Gefahrgut der hiesigen Feuerwehr durchgeführt.
Vielleicht ist es ja in anderen Teilen Deutschlands anders, doch so gross kann der Unterschied ja auch nicht sein.
Die Feuerwehr entsorgt das Gefahrgut nicht, dafür ist die Lieferfirma zuständig, die dazu ihre Leute schicken müssen.

Ich bin da absolut kein Fachmann und unsere Gruppe ist erst im Aufbau.

Bin froh über alles zu diesem Thema, was mich zur Zeit sehr interessiert.

Herzliche Grüsse
Anke
Adler9
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Beitrag von Adler9 »

hallo!

wie schon oben gesagt, die kemmlernummern gehören zu den basic und eigenschutz geht vor; korrekt gekennzeichnete gefahrenguttransporte sind von forne und hinten sehr gut zu erkennen. bzw. sind bei mehrkammertanks die einzelnen kammern seitlich gekennzeichnet. bei diesen weiss man aber bei einem unfall nie, ob die kammerwände noch intakt sind und wie die einzelnen "stoffe" untereinader reagieren. gefahrenguttransport bedeutet für mich abstand, ob ladung austritt, das kann ich nicht sagen, ist ja nicht alles flüssig.
feuerwehr ist dafür ausgebildet und hat die notwendige schutzausrüstung. wir haben in der leitstelle einen dicken ordner, wo alle nummern mit dem zugehörigen stoffe aufgelistet sind, die werden an die feuerwehr gleich weitergegeben, falls die noch nicht vor ort sind, und es können im bedarfsfall andere fw-einheiten gleich verständigt werden.
auf die beschriftung verlasse ich mich auch nicht, es gibt zu viele schwarze schafe. es wird zwar auf einem gefahregut-transporter kein fahrer/in ohne ADR (zusätzliche und sehr gute ausbildung für diesen bereich) zu finden sein, aber die können sich auch nur auf die ladepapiere der firma verlassen. was dann wirklich in den tanks und dgl. ist,...

am meisten machen mir die sorgen, die das gefahrengut gar nicht gekennzeichnet haben. es gibt mindestmengen, die ohne kennzeichnung transportiert werden dürfen, aber leider wird das oft überschritten, bzw. gibt es über diese ladung keine korrekten papiere.

grüsse,
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