Pflege "roboter" - Kuschelrobbe

Konzept der Anregung und Förderung individueller Lernprozesse bei Patienten mit Störungen der Wahrnehmung, Bewegung und/oder Kommunikation

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Peter Estner
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Pflege "roboter" - Kuschelrobbe

Beitrag von Peter Estner »

Liebe Leserinnen und Leser, habe gerade ein E-Mail von Prof. A. Fröhlich und Peter Nydahl bekommen und leite es gerne zur Anregung an Sie weiter und würde mich sehr über Diskussionen freuen,
viele Grüße
Peter Estner

,,,gerade wieder höre ich in einer Radiosendung recht zuversichtliche, ja fast begeisterte Berichte über den Einsatz eines neu entwickelten
sozial- emotionalen Roboters für Kinder und Demente. Vor wenigen Tagen widmete sich der TV- Sender Arte dem Thema.
Die japanischen Entwickler haben nun offenbar Unterstützer gefunden, die mit "wissenschaftlichen Studien" die
Wirksamkeit eines solchen intelligenten Stofftieres belegen.
Ich möchte mit Nachdruck darauf hinweisen, dass sowohl Kinder wie auch Menschen mit sich reduzierenden kognitiven Fähigkeiten
Begleitung in ihrer individuellen Entwicklung brauchen . Dies kann nur von anderen Menschen geleistet werden, die sie als voll-
wertige Menschen akzeptieren. Kinder sind keine unfertigen Menschen, Männer und Frauen mit einer dementiellen Erkrankung
sind keine "ehemaligen" Menschen. Sie gehören zum weiten Spektrum der gesamten Menschheit dazu. Der Gedanke der Inklusion
bringt dies zum Ausdruck.
Wenn diese Menschen nun zur Anregung, zur Beruhigung, zur Bedürfnisbefriedigung mit IT-Spielzeug ausgestattet werden sollen, weil dadurch ihr "Störverhalten" reduziert werden soll, so zeugt dies von einer im Grunde a-humanen Gesinnung. Ein wenig eleganter als chemische Mittel, deutlich angenehmer als Mechanische, z.B. Fixierung dienen sie jedoch dem gleichen Ziel: Entlastung der "Normalen.
Ich wehre mich entschieden gegen eine solche Behandlung von Kindern und Erwachsenen. Was zunächst vielleicht als interessantes Spielzeug imponiert, jetzt als Therapeutikum angepriesen und verkauft wird, stellt sich bald als minderwertiger Ersatz für menschlich- persönlichen Kontakt heraus.
Nach einer Anfangsphase - mit der genannten wissenschaftlichen, und sicher auch bald therapeutischen Unterstützung - wird das kommerzielle Element überwiegen. Die Forschungskosten müssen wieder herein geholt werden, man wird den Markt "erschliessen".
Manch einer kann sich dann vermeintlich guten Gewissens frei kaufen, die Grossmutter nicht mehr so oft besuchen, ihr lieber eine IT-Robbe schenken.
Es scheint mir unverzichtbar, dass Fachleute und andere Engagierte endlich deutlich machen, dass solche Ersatz-Forschung schon in den Ansätzen unethisch ist.
Seit Jahren beobachte ich die IT-Forschung und ihr Eindringen in den Pflegebereich, hier sind ausserordentlich ungute Entwicklungen zu sehen.
Es ist unbestritten, dass moderne Technologien eine grosse Hilfe und Entlastung darstellen können - wenn sie auf den Geräteeinsatz beschränkt bleiben und nicht in den zwischenmenschlichen Bereich eindringen.
Ich möchte Sie bitten, im Rahmen Ihrer Einsichten und Möglichkeiten, diese Entwicklungen kritisch zu kommentieren, die menschliche Beziehung
in Erziehung und Pflege hervor zu heben und ihr absolute Vorrangigkeit zu vertreten.
Ich meine, es wäre dringend an der Zeit, dass sich Pflegende und Pflegewissenschaftler, ebenso PädagogInnen aus der Frühförderung und auch heilpädagogische KollegInnen dieses Themas annehmen, eigene Positionen entwickeln und deutlich nach aussen vertreten.
Man sollte da nicht einfach kopfschüttelnd zusehen...

Mit freundlichen Grüssen
Andreas Fröhlich