Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

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LotteM
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Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Es geht um meinen Vater (66) dessen Leidensweg uns derzeit völlig fertig macht.
Am 13.02. wurde er nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert und es wurde ein akutes Aorten-Aneurysma festgestellt. Die sofortige Not-OP hat er gott sei dank überlebt. (5-stündige OP, 10 Liter Blut). Danach verblieb er 3 Tage auf der Intensiv-Station, erholte sich gut, atmete recht schnell wieder selbstständig und wir konnten schon bald normal mit ihm sprechen. Er war "voll da". Dann erfolgten noch 2 weitere OP´s, bei denen der Bauchraum Stück für Stück verschlossen wurde. Nach der letzten OP ging es ihm körperlich gut (alle Werte okay, außer Nieren etwas schlecht und Leber ebenfalls angegriffen). Dazu muss ich leider sagen, dass mein Vater Spiegeltrinker ist (nur Bier) und extrem stark raucht.

Auf der Normalstation begann dann der langsame psychische Verfall: mein Vater war desorientiert, wirr, wollte immerzu weg, riss sich die Kanülen aus, zog sich immer nackt aus und hatte ganz wenige lichte Momente. Wir waren täglich bei ihm und wiesen die Ärzte auf seinen Zustand hin. Es wurde immer schlimmer. Alle Untersuchungen (MRT, Neurologe,...) ergaben nichts. Er trank wenig und essen wollte er auch nicht. Er konnte nicht sprechen, hatte eine Lungenentzündung und der Schleim rasselte beim Atmen sehr. Er bekam unentwegt Antibiotika. Schließlich wurde die Situation auf Station so schwer, dass man sich entschied, ihn in die Pflege-Reha zu bringen. Wir waren heilfroh.

Dann der Schock nach fast 4 Wochen: das Krankenhaus rief uns an - mein Vater hatte einen Herzstillstand erlitten und dabei aspiriert. Es war extrem viel Nahrung in die Lunge gelangt. Er wurde reanimiert (wie man uns sagte sehr schnell, unter 15 min.) und ins künstliche Koma gelegt. Wir waren bei ihm und der Arzt meinte, dass es im Moment ganz gut aussähe...
Nachdem dann aber Wasser zwischen Lunge und Toraxwand aufgetreten war, rief uns das Krankenhaus und sagte, dass es sehr kritisch ist - er wahrscheinlich nicht überleben wird. Doch das Wasser konnte man am Abend entfernen und sein Zustand stabilisierte sich. Es kam dann - wie zu erwarten - zu einer schweren Lungenentzündung, eitrig. Wieder Antibiotika. Aber er wurde weiter stabil. Nach drei Tagen will man ihn nun langsam aufwachen lassen, den Beatmungsschlauch aber belassen (wegen der Pneumonie).

Ist dies nicht viel zu früh?

Wir können nach dem Auf und Ab der Nachrichten bald nicht mehr und haben das Gefühl, dass auch mein Vater bald keine Kraft mehr hat. War evtl. der Herzstillstand schon ein Zeichen, dass er nicht mehr kann? Kommen ggf. Hirnschäden auf ihn/uns zu?

Eine Prognose wollen die Ärzte nicht geben. Wir sind so hilflos und können ihn nicht mehr so leiden sehen. :cry:
LotteM
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Ich möchte noch Neues vom heutigen Krankenhausbesuch berichten. Leider nur übermittelt von meiner Mutter, die sehr aufgeregt war und im Gespräch mit dem Arzt nicht alles genau verstanden hat und sich nicht recht traute, nachzufragen (sie meinte der Arzt war wohl in Eile...).

Sie musste heute zuerst Mundschutz und Handschuhe anziehen, da mein Vater einen Virus hat (oder Bakterien? sie weiß es nicht genau....). Jedenfalls soll lt. Aussage der Pfleger der Zimmernachbar nicht angesteckt werden. Der Arzt meinte, diesen "Virus" hätte mein Vater wohl schon längere Zeit gehabt.

Er war stärker verkabelt als bisher und immer noch im künstlichen Koma. Es wird aber wohl bereits langsam mit dem Aufwachen begonnen.

Probleme macht die Leber. Es ist eine Zirrhose im Stadium A diagnostiziert worden und er erhält unterstützende Medikamente für die schlechte Leberfunktion.

Ansonsten meinte meine Mutter, dass der Arzt optimistisch klang und sogar bereits von einer Verlegung auf Normalstation in ca. anderthalb Wochen sprach. Sogar eine neurologische Reha wurde schon beantragt.

Können wir uns auf diese optimistische Einschätzung verlassen? Es wäre schön, wenn mir jemand Mut machen könnte - ich habe in Anbetracht der Lage (Virus, Leber..) irgendwie kein gutes Gefühl.
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Guten Tag,
ich habe in Anbetracht der Lage (Virus, Leber..) irgendwie kein gutes Gefühl.
Das kann ich gut nachvollziehen und aus der Ferne, ohne die genaue Krankengeschichte zu kennen, klingt Ihre Schilderung in der Tat besorgniserregend:

- ausgesprägter Alkohol- und Nikotinkonsum
- geplatztes Bauchaortenaneurysma (so etwas überleben nur wenige Menschen völlig unbeschadet)
- im Verlauf Reanimation mit Aspiration...

Um die positive Einschätzung der Kollegen vor Ort zu beurteilen, müßte man mehr Informationen haben:

- Laborwerte (insbesondere Bilirubin, Leberwerte aber auch "Hb", Lactat und Entzündungswerte)
- Ist die Nierenfunktion ausreichend?
- Welche Reaktionen zeigt Ihr Vater beim Aufwachen? (Bewegen von Armen und Beinen, Augenöffnen, gezielte Reaktion auf Ansprache)
- atmet er selbst oder mit Unterstützung durch das Gerät? Wieviel Sauerstoff benötigt er noch?

Möglicherweise ergeben sich aus den Antworten noch weitere Fragen.
Auf jeden Fall sollten Sie versuchen, weitere informationen zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
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LotteM
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Herr Dr. Flaccus,

vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort! Es ist schön, dass Sie sich mein Anliegen durchgelesen und mir geantwortet haben.

Heute war meine Mutter wieder im Krankenhaus, ich durfte nicht mit, da ich ein Kind mit Magen-Dam-Infekt zu Hause habe...
Leider war sie nicht bereit, die von Ihnen genannten Laborwerte zu erfragen - sie traut sich einfach nicht und ich glaube sie hat einfach Angst, negatives zu erfahren.

Die Lage schildert sie so:
- die Werte sind lt. Arzt "ausgezeichnet" (wortwörtlich so gesagt, keine konkreten Werte abgefragt siehe oben)
- sein Körper ist zu kalt und man hat ihm eine Wäremdecke aufgelegt, durch die warme Luft geblasen wird
- auf Nachfrage nach dem "Virus" sagte der Arzt, dass es sich um ein Bakterium handelt, dass nur für kranke Menschen gefährlich ist und oft im KH vorkommt (mangelnde Hygiene). Er vermutet, dass er es sich erst im Krankenhaus "eingefangen" hat.
- Ein Schlafmittel wurde bereits komplett abgesetzt ein zweites wird gerade heruntergefahren.
- Er ist noch intubiert, morgen soll auch das wegfallen.

Zum Aufwachen:
- als sie zu ihm trat, hatte sie das Gefühl, dass er es registriert
- die Augen hat er innerhalb des Besuches ganz kurz und nur einen winzigen Spalt geöffnet
- als meine Mutter beruhigend mit ihm sprach, reagierte er nicht
- doch als sie sagte "wir schaffen das, du wirst wieder gesund" hat er die Achseln ein Stück nach oben gezogen als wolle er sagen "ich weiß nicht.." - da ist sich meine Mutter absolut sicher!

Alles in allem klingt das doch gut, oder? Ich bin heute sogar richtig zuversichtlich. Und auch wenn wir keine Detailwerte haben, schöpfen wir wieder etwas Hoffnung...
LotteM
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Herr Dr. Flaccus,

leider ist die Situation seit gestern nicht mehr so positiv. Meine Schwester war im KH und hat ein ausführliches Arztgespräch geführt. Hintergrund war, dass auch sie die postiven Nachrichten nicht so recht glauben konnte. Wir alle schützen uns wohl vor falschen Hoffnungen...

Die Situation ist wie folgt:
- bei dem Versuch, den Beatmungstubus zu entfernen, verschluckte mein Vater seine Zunge und drohte zu ersticken. Sofort wurde er wieder intubiert. Der Arzt meint, dass er keine Muskeln mehr hat um atmen/schlucken zu können.
- er bekommt seit der Reanimation starkes Adrenalin - ohne dies würde er sofort versterben, da er keinen eigenen Kreislauf mehr hat/aufrecht erhalten kann.
- die "ausgezeichneten" Werte gestern bezogen sich nur auf die Lunge. Bei einer erneuten Überprüfung (Röntgen?) wurden nun aber wieder mehrere Entzündungsherde in seiner stark angegriffenen Lunge gefunden...

Das schlimmste ist aber, dass mein Vater wichtige Reflexe (atmen, schlucken,..) verloren hat - lt. Arzt zurückzuführen auf ein bestehendes Delir. Hier muss ich kurz auf die Situation nach der Aorten-OP zurückkommen: nach ständiger Verschlechterung seines Zustandes auf Station und den vermeintlich beruhigenden Aussagen der Ärzte (alle Untersuchungen ohne Befund) haben wir (also ich..) im Internet nachgelesen (obwohl man das ja nicht machen soll...) und bin auf das Delir gekommen. Alle Symptome passten haargenau. Aber der damals behandelnde Arzt sagte uns: Nein, das hat ihr Vater auf keinen Fall!
Nun ist es ja so, dass bei einem Delir der Herzstillstand Folge sein kann. Herr Dr. Flaccus: denken Sie, dass es aufgrund des Delirs zu dem Herzstillstand gekommen ist? Wie wollen keine Diskussion mit den Ärzten beginnen, wir würden es nur gern wissen.

Auf jeden Fall wollen die Ärzte nun einen Luftröhrenschnitt bei meinem Vater machen und unser Einverständnis dazu haben. Wir werden es vermutlich geben.

Heute fahre ich wieder mit ins Krankenhaus und werde hoffentlich den Arzt sprechen können. Ehrlich gesagt habe ich aber Angst, vor weiteren schlechten Nachrichten.

Ich bedanke mich bei Ihnen, sollten Sie meinen Beitrag lesen und die Zeit finden, mir zu antworten!
Lotte
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Guten Abend,

leider hatte ich von Anfang an (wie Sie offenbar auch) einen solchen Verlauf befürchtet. :(

In Anbetracht des Verlaufes überrascht micht Ihre neue Nachricht leider nicht.

Ein Delir ist in solchen Fällen meist "nur" ein Begleitsymptom. Hier die Ursache zu suchen wäre m.E. nicht richtig.
Ich bin vielmehr der Auffassung, das die Kombination
- ausgesprägter Alkohol- und Nikotinkonsum
- geplatztes Bauchaortenaneurysma (so etwas überleben nur wenige Menschen völlig unbeschadet)
- im Verlauf Reanimation mit Aspiration...
alleine ausreicht, um diesen Verlauf zu erklären.

Die Lage war seit der Reanimation offenbar nie gut, was dieser Satz zeigt:
- er bekommt seit der Reanimation starkes Adrenalin - ohne dies würde er sofort versterben, da er keinen eigenen Kreislauf mehr hat/aufrecht erhalten kann.
Man kann jetzt darüber streiten, ob und wie jemand mit einer deliranten Symptomatik auf Station überwacht werden muss.
Offenbar wurde aber eher an eine Reha als an einen erneuten Intensivaufenthalt gedacht. So schlimm haben also die Kollegen vor Ort das Ganze nicht eingeschätzt.

Ob das jetzt richtig war oder nicht, vermag ich nicht zu sagen.

Ein Luftröhrenschnitt erscheint in Anbetracht Ihrer Schilderungen sinnvoll.
Vertrauen Sie den Ärzten vor Ort - sie kennen Ihren Vater und können die Situation am besten beurteilen.

Mit freundflichen Grüßen

Dr.A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Herr Dr. Flaccus,

es tut gut, zu lesen dass Sie sich für mein/unser Problem interessieren und mir antworten. Dafür nochmals vielen herzlichen Dank!
Ich wünschte, mein Dialog mit dem heutigen Arzt vor Ort wäre nur annähernd so erfreulich gewesen.... Es handelte sich um einen relativ jungen, super-schicken und total beschäftigten (Handy..) Typ, der kaum zuhörte, abwesend wirkte und so geschwollen redete, dass ich erst einmal "googlen" musste um einigermaßen durchzusehen. Entschuldigung, ich will die Berufsehre nicht verletzten - aber leider hatten wir schon oft "solche" Arztgespräche.

Egal. Sollte es Sie und die Forumsmitglieder interessieren, hier der heutige Lagebericht:

- Mein Vater hat sich trotz einem noch laufenden Schlafmittels schon recht gut verständigen können (Augenbewegungen, drücken meiner Hände mit seinen Händen) - ich war darüber sehr froh und habe gleich geweint. Ich hatte aber das Gefühl, er will mir sagen, dass er nicht mehr kann (verziehen des Mundes, Augen hilflos aufreißen). Es kann aber auch sein, dass ich mir das einbilde...
- Er ist total geschwollen (Hände, Arme, Beine) und verkabelt (Sauerstoff-Tubus, Nasenschlauch, weitere Schläuche..)
- ein Bein ist aber total dünn und dick einbandagiert.
- er atmet blutigen Schleim aus.
- seine Temperatur liegt bei 37,5
- PEEP 8
- Nach wie vor hängt vor seinem Zimmer ein großes Schild "Isolation" (Grund: MRSA, und irgendwas mit E...) - Mundschutz und Handschuhe sind für alle Pflicht.

Das Arztgespräch ergab folgendes:
- Wir haben die Zustimmung für den Luftröhrenschnitt gegeben. Mein Vater hat große Probleme mit der Eigenatmung (als man versuchte, ihn zu extubieren, verschluckte er seine Zunge und lief innerhalb von Minuten blau an). So wie es aussieht, wird er - wenn alles gut geht - in eine Lungen-Spezial-Reha kommen, um die Eigenatmung zu erlernen/wieder aufzubauen.
- Das bandagierte Bein kommt von einer Beinvenenthrombose. Dafür bekommt er aktuell Blutverdünner und es wird beobachtet.

Wir haben uns das Schreiben für das Einrichten des Betreuungsverhältnisses kopieren lassen, da dort die genaue Diagnose aufgeführt ist - ich schreibe mal ab:
Z.n. CPR/Aspiration/TVT, Z.n. Prothese bei rAAA
Aspirationspneumonie
Gedeckt perforiertes Aneurysma der Aorta abdominalis
aerterielle Hypertonie
Tracheobronchitis
Diabetes mellitus Typ-2
Alkoholabusus
Nikotinabusus
hypoaktives Delirs
Aszites
Herzstillstand mit erfolgreicher Wiederbelebung

Im Grunde erscheinen diese vielen Aufzählungen schrecklich und sie sind es vermutlich auch. Aber nach dem heutigen Besuch und der Reaktion meines Vaters sowie der Aussage des Arztes (Reha...) bin ich verhalten optimistisch. Es kann einfach nicht sein, dass er nach dem Überleben der Aorten-OP nun "scheitert".

Hoffnungsvoll
Lotte
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Guten Tag,

Ihre Informationen spiegeln ja ein ständiges "auf und ab" wieder. Zuletzt noch ein instabiler Kreislauf mit vielen Katecholaminen (Adrenalin) und nun wird über eine Verlegung zur Entwöhnung nachgedacht...

Von hier aus ist das für mich nur bedingt nachvollziehbar.

Eine Bemerkung möchte ich dennoch machen, denn Sie schrieben:
Es kann einfach nicht sein, dass er nach dem Überleben der Aorten-OP nun "scheitert".
Bitte sehen Sie den gesamten Verlauf im Zusammenhang!
Ihr Vater leidet noch immer an den direkten Folgen des geplatzten Aortenaneurysmas. Es gab danach Höhen und Tiefen, aber das momentane "Tief" gehört unmittelbar mit zu diesem Verlauf.

So weist z.B. der "Ascites" (Wasser in der Bauchhöhle) auf einen schweren Leberschaden hin, der möglicherweise (alkoholbedingt) schon vorher bestand. Hat Ihr Vater eine gelbe Hautfarbe? Haben die Ärzte dazu etwas gesagt?

Ihr Vater hat die Aorten-OP insgesamt noch nicht überlebt, so bitter das auch klingt. Bis man von "Überleben" sprechen kann, dauert es bestimmt noch viele Wochen.

Ich möchte allerdings nochmals betonen, das viele wichtige Informationen zur Beurteilung fehlen. Im Zweifel sind immer die Ärzte vor Ort Ihre direkten Ansprechpartner.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Herr Dr. Flaccus,

vielen Dank für Ihre Worte/Einschätzung. Die Dinge im Zusammenhang zu betrachten macht es uns viel leichter, nicht zu sehr mit dem "Warum" des erneuten Tiefschlages zu hadern. Auch wenn es in der momentanen Situation komisch klingt: das hat uns allen gut getan.

Und nach einem Tief kommt ja bekanntlich ein Hoch, oder?
Nachdem der Luftröhrenschnitt bereits vorbereitet wurde, teilte man uns heute mit, dass mein Vater zeitweise und mit Unterstützung selbst atmet! Der Tubus wurde entfernt und evtl. kann der Schnitt deshalb entfallen!
Auch zeigt mein Vater weitere Fortschritte in der Kontaktaufnahme (ganz leichtes Kopfdrehen, Zunge herausstecken, Händedrücken, antworten auf Fragen z.B. "Hast du Schmerzen" -> Kopf hin und her). Aber leider auch weinen, was besonders mich sehr mitnimmt...

Selbstverständlich gibt es auch nicht so positive Dinge:
- sein Urin ist braun und auch die Augen sind gelb (keine Aussage der Ärzte zu Leberwerten - ich versuche aber noch mal nachzuhaken!)
- er ist festgeschnallt und der Arzt meinte, er wäre nach wie vor verwirrt - konnte (oder wollte) uns jedoch nicht sagen woran er das festmacht. Schließlich sind die Reaktionen meines Vaters noch sehr gering und wohl am besten durch uns Angehörige zu merken (beim Streicheln, Reden...).
- Probleme machen den Ärzten die starken Wassereinlagerungen, an denen aber gearbeitet wird
- Auch ist mein Vater in der Lunge sehr verschleimt (aufgrund der Lungenentzündung) und muss oft abgesaugt werden.
- Die Nasensonde ist noch drin.
- Er bekommt ein leichtes Beruhigungsmittel.

Ich informiere weiter wenn es Neuigkeiten gibt, und würde mich freuen, wenn Sie mir bei neu aufkommenden Fragen antworten.
Liebe Grüße
Lotte
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Forumsleser, guten Abend Dr. Flaccus,

Nach ein paar Tagen "Entspannung" (Werte Lunge, Leber hatten sich weiter gebessert, mein Vater lächelte sogar) mussten wir heute die nächste schlechte Nachricht verkraften:
Das KH rief an, dass sich der Zustand meines Vaters wieder dramatisch verschlechtert hat - diesmal vermutlich aufgrund eines Herzinfarktes. Er hatte die ganze Nacht gut selbst geatmet (mit Unterstützung durch Nasenschlauch, weiß leider nicht, wie man diesen nennt) und war gegen 5 Uhr morgens nicht ansprechbar. Nach erfolglosen Versuchen ihn zu erwecken und einer dramatisch sinkenden Herzfrequenz wurde er sofort in die Herz-Spezial-Klinik des XXX-Klinikums gebracht da ein Verdacht auf Herzinfarkt im Raum stand. Die dortigen Kardiologen waren allerdings unschlüssig. Das Herz wurde geschallt, seine Enzyme gecheckt, das EKG war alles andere als normal. Dennoch ist bis jetzt nicht eindeutig geklärt, ob es ein Infarkt war...

Er ist jetzt wieder sediert, intubiert, seine Lungensituation ist wieder sehr schlecht und am Mittwoch wird vorraus. die Tracheotomie erfolgen.

Im Gespräch mit einer sehr netten Ärztin äußerte sich diese mir gegenüber so, dass mein Vater offensichtlich den Versuch "alleine atmen" nicht gepackt hat. Er ist zu erschöpft vom langen und anstrengenden Krankheitsverlauf und braucht einfach mehr Zeit. Offensichtlich sind die Ärzte aus neurologischer Sicht auch nicht so sehr zufrieden mit dem Aufwachprozess. Allerdings wissen wir auch nicht, wie ein zufriedenstellender Aufwachprozess auszusehen hat. Wir waren über jeden noch so kleinen Fortschritt von ihm glücklich.

Leider kann ich im Moment gar keine vernünftige/konkrete medizinische Frage formulieren. Wir denken, dass die schlechte Herzsituation ein Zeichen dafür ist, dass mein Vater nicht mehr kämpfen kann und will. Medizinisch sicher Unsinn - aber wir sind auch ziemlich verzweifelt.

Traurige Grüße von Lotte
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Liebe Lotte,

es tut mir leid, die o.g. Zeilen zu lesen.

Mittlerweile sind vier Tage vergangen - wie geht es Ihrem Vater jetzt?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Dr. Flaccus,

sehr gern gebe ich Ihnen einen aktuellen Lagebericht. Es freut mich sehr, dass Sie am Verlauf unserer "Geschichte" interessiert sind.

Mein Vater hatte am 28.03. die Tracheotomie. Diese verlief gut, er war danach wieder vollst. sediert. Aufgrund eines Noro-Virus, den meine Tocher aus der Kita mitbrachte, konnten wir ihn danach nicht besuchen (Schwester und Mutter ebenfalls erkrankt). Wir riefen täglich im KH an und erkundigten uns nach seinem Zustand. Der Aufwachprozess lief sehr langsam an und auch als wir am 30.03. vor Ort waren (gesund), war mein Vater noch nicht ansprechbar.

Doch gestern war ich ihn besuchen und es war schön. Er lächelte, verstand alles, antwortete auf seine Weise und die Ärztin meinte, dass seine Werte sehr zufrieden stellend sind (den Keim hat er auch nicht mehr). Es wurde auch schon wieder von der Verlegung in eine Reha gesprochen. Die Ärtzin meinte, dass er unbedingt "hier raus" muss. Er braucht Abwechslung, nicht immer die Piep-Töne, er soll gefordert werden ("aktivieren"). Er konnte sogar schon wieder etwas alleine atmen (Aussage des Pflegers). Negativ fiel mir auf, dass er erbrach und würgte. Meine Frage, ob ihm schlecht sei, verneinte er. Der Pfleger meinte, dass dieses Erbrechen oft vorkommt, wenn Patienten vollständig aufgewacht sind. Außerdem lief ihm rote Flüssigkeit aus der Nase (Schlauch) und in einen Beutel, der schon randvoll mit dieser roten Flüssigkeit war. Ich konnte aber niemanden fragen, um was es sich handelt. Das macht meine Schwester morgen. Er bekommt nach wie vor Adrenalin wegen dem schwankenden Kreislauf/Blutdruck.

Heute war meine Mutter bei ihm. Er war wieder vollständig im Tiefschlaf (starkes Schlafmittel), da er die ganze Nacht schlimm erbrochen hat (Aussage Pfleger). Dabei hat er auch Blut erbrochen. Die Ärztin sagte, dass man vermutet, dies käme von der Speiseröhre, die durch das viele Brechen angegriffen ist. Nun meine Frage: Kann das tatsächlich sein??? Er bekommt doch nur Flüssignahrung per Sonde!

Auf jeden Fall machen wir uns nun wieder Sorgen! Er sollte noch vor Ostern in die Reha. Die Ärztin sagt, dass er dadurch nun "2 Tage zurückgeworfen" wird. Ansonsten klang sie schon beunruhigt, meinte meine Mutter.

Danke für eine Antwort Herr Dr. Flaccus!
LotteM
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend,

heute möchte ich mich wieder einmal melden. Meinem Vater geht es leider nicht gut. Die letzten Tage gaben zwar Anlass zur Hoffnung - er war recht wach und wir probierten schon mit einem entsprechenden Aufsatz (am Luftröhrenschnitt) das Sprechen. Es gelangen einige Wörter, leider musste dabei sehr oft Schleim abgesaugt werden was ihm sehr unangenehm war. Zudem ist er immer noch sehr aufgeschwemmt was lt. Ärzten an der fehlenden Eiweiß-Eigenproduktion liegt. Seine Beine sind aber sehr dünn und dick einbandagiert. Auch stellte ein Neurologe fest, dass mein Vater zeitweise sehr verwirrt ist, dies soll aber in einer neurologischen Reha behandelt werden.

Es wurde ja bereits diagnostiziert, dass er nicht schlucken kann (soll in der Reha ebenfalls wieder erlernt werden). Jedoch ist nun das operative Legen einer Magensonde unausweichlich. Wir haben zugestimmt.

Heute erlitt mein Vater allerdings einen weiteren Herzstillstand und musste wieder reanimiert werden. Er wurde bereits in den letzten beiden Tagen in einen speziellen Stuhl gesetzt (um ihn zu aktivieren und die Lunge besser vom Schleim zu befreien). Als man ihn heute hineinsetzte, bekam er nach einer Weile keine Luft mehr und sein Herz blieb daraufhin stehen. Er wurde sehr schnell wiederbelebt, sagte mir die Ärztin. Ich war kurz nach dem "Vorfall" im KH und wurde von den Ärzten abgeholt und sie sagten es mir. Ihre Vermutungen gehen in drei Richtungen: a) Thrombose (da er schon eine Beinvenenthrombose hatte), b) Herzinfarkt --> Vermutungen stand schon beim letzten Herzstillstand im Raum und c) Lungenembolie (ggf. in Verbindung mit a)).

Als ich ging, waren alle bis dato gecheckten Werte unauffällig. Aber ich ging trotzdem in Ungewissheit und mit ungutem Gefühl. Nun sitzen wir wieder zu Hause und fragen uns, wieso mein Vater so oft einen Herzstillstand erleidet (nun schon der dritte) - ohne einen Grund, der uns von den Ärzten genannt werden kann.

Unsere Hoffnungen, dass es nun bald bergauf geht bzw. er in die Reha kommt, schwinden gerade wieder. Er liegt jetzt schon seit 2 Monaten im KH...Ich könnte heulen. :cry:

Allen trotzdem noch schöne Ostern.
Lotte
Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von Dr. A. Flaccus »

Guten Morgen!
Er liegt jetzt schon seit 2 Monaten im KH...
...und in der Tat hat man das Gefühl, es geht nicht recht voran.

Ihre Zeilen zeigen, das die Lage sehr instabil ist und man offenbar jederzeit mit schweren Rückschlägen rechnen muss.

Es ist nicht ungewöhnlich, das die Ärzte für den neuerlichen Herzstillstand keine Ursache nennen können. Möglicherweise ist das Herz insgesamt zu schwach, um größere Belastungen aushalten zu können.

Wurde von den Ärzten vor Ort eine Echokardiografie gemacht? (Damit wird per Ultraschall die Herzfunktion beurteilt)
Mit dieser Untersuchung sieht man oft sehr gut, wie das Herz arbeitet.

Unabhängig davon gibt es aber noch viele weitere Punkte, die aus meiner Sicht kritisch sind:

- die "fehlende Eiweissproduktion" lässt einen schweren Leberschaden vermuten
- das "Aufgeschwemmte" kann unterschiedliche Ursachen haben (z.B. schlechte Nieren/Leber/Herzfunktion)
- offenbar rechnet man zeitnah nicht mit dem Wiederkehren der Schluckreflexe (Anlage einer externern Magensonde)

Aus meiner Sicht sollten Sie noch einmal umfassend mit den Ärzten vor Ort sprechen und die o.g. Punkte detailliert ansprechen.
Was sagen die Ärzte zu den einzelnen Punkten?
Welche Therapieschritte sind geplant?
Wie schätzen die Kollegen vor Ort die Prognose insgesamt ein?

Sie (bzw. die Familie) müssen in einer so kritischen Phase eng mit einbezogen werden.

Ich wünsche Ihnen dazu viel Kraft und ebenfalls ein frohes Osterfest.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. A. Flaccus
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Re: Komplikationen nach Aorten-Aneurysma

Beitrag von LotteM »

Guten Abend Dr. Flaccus,

vielen Dank für Ihre Einschätzung und Hinweise. Wir haben Ihren Rat beherzigt und einen Gesprächstermin mit dem Stationsarzt vereinbart. Dazu haben wir eine Liste mit Fragen erstellt (zu allen Werten und Problemen) sowie die Bitte um eine Prognose (bester und schlechtester zu erwartender Fall). Wir haben darum gebeten (nach fast zwei Monaten) ein Gespräch außerhalb des Zimmers und nicht auf dem Gang führen zu dürfen. Leider hat es bis heute nicht geklappt. Wir haben extra die Kinderbetreuung so gelegt, dass wir immer zu zweit fahren konnten, doch immer waren alle Ärzte beschäftigt (akute Notfälle, wir verstehen das ja). Aber wir lassen nicht locker :!:

Inzwischen gibt es folgenden Sachstand:

- Mein Vater hat seit 4 Tagen die PEG-Sonde. Diese arbeitet aber nicht. Zuerst wollte man warten, da die Wand zwischen Speiseröhre und Magen (oder Magen und Darm?) zu porös ist und man mit Blutungen rechnete. Dann wurde nur Wasser durch die Sonde gegeben. Daraufhin hat mein Vater immer wieder schwer erbrochen (Wasser und Schleim). Ich konnte es kaum mit ansehen. Er hat sich so gequält. Er hat einen riesig aufgeblähten Bauch und viel zu viel Luft darin. Diese lässt man nun durch die offene Sonde entweichen. Da heute kein Arzt zu sprechen war :roll: sagte der Pfleger, dass solche Probleme mit der PEG-Sonde nicht normal wären. Er meinte - unter Vorbehalt, da er ja kein Arzt ist - es könnte an einer Stestose (hoffe das habe ich richtig verstanden) liegen. Er war sehr nett und wollte helfen, da wir wieder einmal ohne Arztgespräch und ratlos gehen mussten.
- Mein Vater bekommt seit Tagen das Medikament Dipeptamin.
- Der Blutdruck ist sehr hoch 177 zu 60.
- Er ist wieder ein wenig verwirrt, raucht und trinkt imaginär, kann mit dem Aufsatz ganz leise sprechen, weiß einige Namen - andere wieder nicht. Sein Kurzzeitgedächtnis ist schlecht. Nach der langen Zeit sicher verständlich...
- Der Pfleger berichtete, dass die Physiotherapeutin zwar täglich versucht, ihn zu mobilisieren - er aber keinerlei Muskelmasse mehr hat.
- Er ist jetzt nicht mehr aufgeschwemmt - dafür sind nun die Ausmaße der letzten Wochen ersichtlich: er ist nur noch "Haut und Knochen".
- Uns ist heute aufgefallen, dass sein Mund schief hängt und dort immer Speichel herausläuft. Liegt das an der fehlenden Gesichtsmuskelspannung?

Leider wurde sein Reha-Antrag nicht genehmigt. Wir sind daraufhin zur Leitung gegangen und dort versprach man uns, einen Widerspruch einzulegen. Wo soll mein Vater denn sonst hin?

Herr Dr. Flaccus. Obwohl wir mit der Betreuung in der Klinik zufrieden sind und das ganze Pflegerteam toll arbeitet, sind Sie im Moment unser einziger Lichtblick, wenn es darum geht, hilfreiche Antworten und Hinweise zu bekommen. Das soll ich Ihnen auch im Namen meiner Mutter und Schwester ausrichten. Wir sind froh, dass Sie sich in Ihrer (sicher geringen) freien Zeit, unserer Beiträge durchlesen und antworten! Dafür herzlichen Dank, liebe Grüße und einen schönen Abend.
Lotte
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