Erhöht Insulinanalogon Glargin Krebsrisiko ?

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Hans Reuter
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Erhöht Insulinanalogon Glargin Krebsrisiko ?

Beitrag von Hans Reuter »

Daten von rund 130.000 in der AOK versicherten Diabetes-Patienten ausgewertet / Wissenschaftler von IQWiG und WIdO publizieren gemeinsame Analyse

Früherer Verdacht bestätigt?

http://www.iqwig.de/index.879.html
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
hjt
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Beitrag von hjt »

Der Spiegel weiß sogar, wie viele Krebstote uns Glargin beschert - tolle Wurst!
Hier, was mir zu dieser journalistischen Glanzleistung eingefallen ist:

Insulinlike Growth Factor (IGF) heißt das wissenschaftliche Maß für die krebsfördernde Wirksamkeit einer Substanz. Der Name weist also schon eindeutig darauf hin, dass ALLES Insulin das Wachstum von Krebszellen fördert, auch das körpereigene. Wer darauf nicht eindeutig hinweist und so argumentiert, als fördere das eine und das andere nicht, argumentiert von Anfang an unredlich.

Alle Betroffenen-Erfahrungen, die ich kenne, weisen beim Gebrauch von verzögertem Human-Insulin statt Glargin für das gleiche Therapieergebnis einen Mehrbedarf von 20-40% aus. Von dem weniger krebsförderlichen muss man mithin erheblich mehr spritzen und damit der erwarteten Krebsvermeidung ein gutes Stück entgegen wirken. Wer darauf nicht eindeutig hinweist, argumentiert von Anfang an unredlich.

Ich mache mir auch mit Hilfe von Glargin alltäglich einen Blutzucker-Verlauf, der einen völlig gesunden selten einmal für kurze Zeiten übersteigt. Der Leiter des Institutes für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln, Prof. Dr. Peter Sawicki, hat mich persönlich mit Nachdruck darauf hingewisen, dass ich mir die Mühe nicht zu machen bräuchte, weil ein sehr viel höherer Blutzucker-Verlauf nicht wirklich ungesünder sei. Allerdings zeigt meine und die allgemeine Erfahrung mit allen Insulinen, dass wir bei so deutlich höheren Blutzucker-Verläufen für die gleiche Scheibe Brot bis zu doppelt so viel Insulin spritzen müssen. Wer darauf nicht eindeutig hinweist, argumentiert von Anfang an unredlich.

Die Reihe an Beispielen für das absolut unwissenschaftliche Vorgehen im Zusammenhang mit dieser sogenannten Vergleichsstudie mag ich auf Anfrage gerne noch erheblich verlängern. Aber eigentlich hätte auch gereicht, den substanziellen Teil des Schlusses der IQWiG-Veröffentlichung zu lesen, den uns spiegel-online in guter Blödzeitungsmanier erspart hat:
"Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben keine Anhaltspunkte, dass Glargin oder ein anderes Insulin normale Zellen zu Krebszellen werden lässt. Es könnte jedoch sein, dass Glargin stärker als andere Insuline das Wachstum von bereits vorhandenen Krebszellen anregen kann."

Statdessen kennt man hier schon in ebensolchem Zeitungsstil die konkreten Opferzahlen. Zu dieser journalistischen Leistung kann man nur voller Bewunderung gratulieren.
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

Das beunruhigende Ergebnis der neuen Analyse, die jetzt gemeinsam mit weiteren Studien in der Fachzeitschrift Diabetologia, dem offiziellen Organ der European Association for the Study of Diabetes (EASD) auch veröffentlicht wurde, ist nach m.M.:

Mit Glargin behandelte Patienten erkrankten häufiger an Krebs als diejenigen, denen eine vergleichbare Dosis Humaninsulin verordnet wurde.
http://idw-online.de/pages/de/news323048

Erstmals zeigen auch gleich mehrere Studien an Menschen, dass das „Kunstinsulin“ Glargin das Risiko, an Krebs zu erkranken, deutlich erhöhen könnte.
http://www.elo-forum.net/news.php?id=1065

Die ARD positionierte sogar in den gestrigen Tagesthemen das Thema an erster Stelle und am Freitag reagierte bereits die Börse :
http://www.tagesschau.de/multimedia/vid ... 22232.html
http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_359816

Diskussionen ob Insulin Glargin womöglich das Krebswachstum eher stimulieren könnte als vergleichbare Insuline, gibt es schon seit einigen Jahren. Renommierte Diabetologen sagen jedoch: "Ob die aktuellen Daten zu einer Neubewertung führen, muss sorgfältig geprüft werden.“

Vor Panikmache und Hysterie angesichts des Verdachts wird gewarnt:
"Man muss verhindern, dass alle Diabetiker, die sich Insulin Glargin spritzen, das Medikament jetzt absetzen. Das wäre eine Katastrophe."

Etwas beruhigend:
Für die zwei kurzwirksamen künstlichen Insuline Lispro und Aspart wurde in den neuesten Studien kein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
Hans Reuter
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Erhöht künstliches Insulin die Krebsgefahr?

Beitrag von Hans Reuter »

Ein recht ausgewogener Artikel zum Thema:

http://www.welt.de/die-welt/article4020 ... efahr.html

Die Stellungnahme der DDG:

http://www.deutsche-diabetes-gesellscha ... nKrebs.pdf

Menschen mit Typ 2 Diabetes sollten auf keinen Fall ihre
Insulingaben verändern, sondern das Gespräch mit ihrem Arzt suchen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
hjt
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Beitrag von hjt »

Diese Quelle hat die jährlichen Glargin-Krebstoten jedenfalls noch nicht so hoch gerechnet, wie das unrsprüngliche Nachrichtenmagazin ;-)

Was mir persönlich auffällt, ist der Mengenvergleich, Insuliner spritzen jeweils die selben Mengen Glargin und Human. Weil bei der Umstellung von Glargin auf Human für das selbe Therapieergebnis etwa 20-50% mehr Insulin gespritzt werden muss, also eine erhebliche Menge mehr, liegt die Annahme nahe, dass es sich bei den Glargin-Usern im Vergleich um die im Durchschnitt vergleichsweise deutlich dienstälteren Fälle gehandelt hat.

Und Diabetes und Krebs wird schon seit Jahrzehnten mit der Beobachtung diskutiert, dass Krebs mit längerer Diabetesdauer und vielleicht auch schlechterer Einstellung zuzunehmen scheint. Vielfach wird Glargin ja erst verordnet, wenn über Jahre mit Human keine befriedigendere Einstellung erreicht werden konnte. Also könnte vielleicht allein schon das Dienstalter die aufgefallene Krebsverteilung erklären?

Interessant speziell bei Prof. IQWiG:
Die UKPDS hält er für unzureichend, um daraus weniger diabetische Endpunkte mit gesünderer BZ-Führung abzuleiten, nicht zuletzt, weil das Ganze ein Prozentspiel sei und nicht jede Erhöhung des HBA1c von 7 nach 8 in einem konkreten Zeitrahmen in einen konkreten Schaden münde. Aber auf dem statistisch noch erheblich unsichereren Boden so eines Glargin-Human-Vergleichs reicht ihm der Hauch einer Korrelation zur geschäftsschädigenden und die User beunruhigenden Veröffentlichkeitung einer möglicher weise gefährlichen Kausalität?
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

News vom 06.07.2009

http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... sid=556316

Kein erhöhtes Krebsrisiko für Glargin in einer Langzeitstudie

Berichte zu eventuell erhöhtem Krebsrisiko bei Insulin glargin haben verunsichert.
Aber das Gegenteil ist nach einer aktuellen Studie der Fall.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

Interessantes Statement zum „Sündenfall" des IQWiG

http://www.aerztezeitung.de/extras/druc ... pid=562362

Der "Altmeister" der Diabetologie Prof. Hellmut Mehnert:
Wieso das nur bei allein mit Glargin Behandelten - aber nicht bei kombiniert mit Glargin Therapierten - beobachtet wurde, bleibt unerfindlich. :o
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

Last not least :

FAKT v.13.07.2009
über die Besorgnisse der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und möglicher Konsequenzen des BfArM( Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte).

http://www.mdr.de/fakt/6520687.html

Das Magazin hat in der Tat bereits 2004 einen sehr kritischen Beitrag zu Insulin glargin gesendet. Das erfolgreiche Medikament mauserte sich trotz heftiger Kritik zum Blockbuster.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

Kein Anlass für neue klinische Empfehlungen

http://www.aerztezeitung.de/medizin/med ... sid=558395
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
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