Einige Fragen zur Unterzuckerung

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M.Wiemer
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Einige Fragen zur Unterzuckerung

Beitrag von M.Wiemer »

Hallo :)

Eine Freundin von mir ist 40 Jahre alt, sie ist Raucherin, trinkt keinen Alkohol, ernährt sich mit Ausnahmen durchschnittlich gesund, 5kg Übergewicht.
Am Wochenende waren Freunde bei ihr zum Grillen. Einer hat Diabetes und einige zeit nach dem Essen seine Werte mit einem Pieks in den Finger und einem Teststreifen gemessen. Sie war neugierig und hat den Test auch gemacht. Dabei kam raus, dass ihr Wert bei 67 liegt.
Der Bekannt meinte, nach dem Essen sei das etwas niedrig. Vor allem nach dem Genuss von Kartoffel- und Nudelsalat, Bauchfleisch und mind. 4 Gläsern Cola dazu. Im Laufe des Vormittags hat sie 3 Pötte Kaffe mit je 5 Tl. Zucker getrunken.

Sie hat schon seit längerem ständig Kreislaufprobleme, so dass ihr plötzlich "schwummerig" wird. Seit vielen Jahren wird ihr gesagt, dass ihr Ruhepuls mit 110 ein wenig hoch sei. Sie ist sehr häufig ziemlich aufgedreht und sie wurde schon auf ADHS getestet, was aber unklar blieb. Sie holt öfter mal tief Luft und seufts dabei. Warum, kann sie auch nicht erklären, es würde sie eben manchmal so überfallen. Besonders morgens fällt es ihr sehr schwer, in die Gänge zu kommen, was sie aber schon so lange hat, wie sie sich erinnern kann.
Seit ca. 2 Jahren entwickelt sie immer mehr Ängste, u.a. auch vor ärztlichen Behandlungen, was sie selbst gar nicht verstehen kann und darüber ausgesprochen verärgert ist.

Sie kann sich nicht daran erinnern, dass ein Arzt ihr mal was zu ihren Zuckerwerten gesagt hat.

Und weil sie Angst hat, zum Arzt zu gehen, habe ich ihr angeboten, sich erst mal hier zu informieren um dann evtl. besser entscheiden zu können, ob sie nicht doch lieber einen Arzt aufsucht..

Ist der Wert unter diesen Umständen wirklich zu gering, so dass sie sich ernsthafte Sorgen machen sollte?
Nach Internetrecherchen hat sie bei den mögl. Symptomen von Unterzuckerung u.a. ihre Beschwerden gefunden. Stimmt es, dass Unterzuckerung die oben erwähnten Probleme machen kann? Vor allem, auch die Angst? Gibt es andere, sichere Möglichkeiten den genauen Blutzuckerwert zu bestimmen, als über die Blutabnahme?
Wie wird, wenn nötig, Unterzucker behandelt?

Für hilfreiche Antworten wären wir sehr dankbar.

lg
M.Wiemer
M.Wiemer
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Beitrag von M.Wiemer »

P.S.: Ihr Herz wurde wegen dem hohen Puls bereits genau untersucht und es ist lt. Arztaussagen vollkommen gesund.
Sie hat COPD und nimmt bei Bedarf ein Spray. An guten Tagen braucht sie nichts davon, an schlechten nimmt sie es auch schon mal bis zu 3x/täglich.
hjt
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Beitrag von hjt »

Moin M,

zum Vergleich hier einmal ein Bild vom gesunden Blutzucker-Verlauf, blau der Durchschnitt und darunter und darüber braun, wie weit einzelne Werte in der Gruppe gestreut haben. Fachoffiziell ist erst ab 50mg/dl Unterzucker. Unterzuckerig fühlen tun sich viele schon ab um 60. Normal kommt man da nur unmittelbar nach einem intensiven Workout für ein paar Minuten drunter, und Diabetiker, wenn sie zu viel Blutzucker senkende Medis genommen haben - mit einer Ausnahme: der mit Essen provozierten, der alimentären Hypoglykämie.

Eine alimentäre Hypoglykämie ist etwas, das es eigentlich gar nicht geben kann und das traditionell von vielen Ärzten als Patientenspinnerei abgetan wird. Warum? Weil ein großer Teil der Betroffenen häufig bis auf diese Berichte (die Hypo ist ja beim Besuch in der Sprechstunde längst wieder vorbei) von für sie unerklärlichen Unterzuckerungen abgesehen völlig unauffällig ist. Warum sollten diese Menschen unterzuckern? Und weil der restliche Teil der Betroffenen Diabetes Typ2 ist und weil Typ2 nun einmal fachoffiziell damit erklärt wird, dass der insulinresistent sei und damit seine Insulinproduktion überfordere. Völlig unmöglich also, dass da überhaupt eine Situation entstehen könnte, in der zu viel eigenes Insulin aktiv sein und der krankhaft zu hohe Blutzucker plötzlich ohne medikamentöse Einwirkung viel zu tief absinken könnte. - So weit die weißkittelige Fachtheorie.

Dem stehen immer mehr bewusste Erfahrungen aus dem betroffenen Erleben gegenüber. Bis hinunter zu 30 mg/dl reichen die Berichte, die ich kenne. Aber wie können so niedrige Verlaufstäler überhaupt zustande kommen? Dazu müssen wir einen neugierigen Blick hinter den Fachvorhang vom Insulinresistenzmythos wagen und schauen, was die Medizin seit den 30ger Jahren des vorigen Jahrhunderts weiß: Dass nämlich 2 voneinander offenbar weitgehend unabhängige Steuersysteme gesund dafür sorgen, dass unser Blutzucker sich unter allen Umständen in einem erstaunlich flachen & niedrigen Rahmen bewegt.

Da ist einmal das immer laufende basale System. Immer wenn der Zucker im Blut, das die Insel- oder Betazellen versorgt, einen oberen Schwellenwert überschreitet, geben die mehr Insulin aus. Immer wenn er einen unteren Schwellenwert unterschreitet, geben die weniger Insulin aus. Und genau dazu passend geben die Alphazellen eben umgekehrt bei Überschreiten eines oberen Schwellenwertes weniger und bei Unterschreiten eines unteren mehr Glukagon aus, das die Leber zur Zuckerausgabe stimuliert. Auf diese Weise verläuft der Blutzucker ohne Futterinput in einer leicht gewellten Linie zwischen oberem und unterem Schwellenwert zwischen etwa 60 und 65 bis etwa 80 und 85 mg/dl.

Und da ist zum zweiten das alimentäre System, das immer dann zusätzlich in Aktion tritt, wenn alimentiert, also Futter einverleibt wird. Da bestellt nämlich die Glukose, wenn sie im Darm angekommen ist und kurz vor ihrem Übergang in den Blutkreislaus steht, mit Hilfe einer Gruppe von Darmhormonen, den Inkretinen, erstaunlich passend zu ihrer jeweiligen Menge die notwendige Menge Insulin. Auf diese Weise treffen die Glukose und ihr Insulin direkt in der Pfortader zusammen und werden schon in der Leber zum größten Teil so passend verarbeitet, dass der Blutzucker, den wir aus dem Tropfen am Finger messen, nur vergleichsweise unwesentlich bis max an 140 ansteigt. Dieser geringe Anstieg wird dann vom basalen System innerhalb kurzer Zeit vollständig ausgeglichen.

Zur alimentären Hypo kommt es nun, wenn das alimentäre Stuersystem versagt. Dann fehlt das Insulin zum Empfang der neu gegessenen Glukose im Blutkreislauf, und der Blutzucker stürmt erst einmal himmelwärts. Dieser Anstieg aktiviert zunehmend das basale System, das nun eben mit Verzögerung dafür sorgt, dass entsprechend dem BZ mehr Insulin ausgeschüttet wird. Dabei liegt ein gewisser Nachlauf in der Natur dieser Art der Steuerung, so dass bei Erreichen des normalen BZ noch länger mehr Insulin ausgegeben wird und so der BZ tiefer als normal absinkt. Faustregelmäßig umso tiefer, je höher er zuvor angestiegen war.

Und daraus ergibt sich sofort auch die einfachste Möglichkeit, eine alimentäre Hypo von vornherein zu vermeiden: Man wählt Futterart und -menge so, dass der BZ nicht bis kaum über den gesunden Rahmen hinaus ansteigt :-)

Guten Erfolg! Jürgen
M.Wiemer
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Beitrag von M.Wiemer »

Hallo Jürgen

Erst mal vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. :)

Leider beantwortet sie nicht eine der Fragen, die wir gestellt haben, oder wir sind zu dusselig, die Antworten aus deinem Text rauszulesen.
Da wir uns bisher noch nicht weiter mit dem Thema Diabetes befasst haben, verstehen wir von dem, was du geschrieben hast, nur das wenigste. :(
Dort wird auch ständig von zu hohen Werten geredet, was hier ja nicht der Fall ist.
Da sie sich weder sportlich betätigt hat, noch sich sonst wie angestrengt hat und auch keine Diabetiker-Medis nimmt, kann das nicht Ursache des niedrigen Wertes sein.

Wenn wir die von dir eingestellte Zeichnung richtig verstehen, geht der Wert auch bei einem niedrigen Wert nach dem Essen erst mal hoch. Dies würde ja bedeuten, dass sie vor dem Essen ja einen erschreckend niedrigen Wert gehabt haben müsste, wenn er nach dem Grillessen nur auf 67 war. :shock: :?:

Und da wir ja keine Fachleute in dem Bereich werden wollen, wenn es nicht wirklich notwendig sein sollte, wäre es schön, wenn uns jemand nur unsere Fragen im 1. Beitrag kurz beantworten würde. Mit möglichst einfachen Sätzen, die jeder versteht. :)

lg
M.Wiemer
hjt
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Beitrag von hjt »

Moin M.

Diabetes ist offiziell definiert als Aufwachen mit 126mg/dl und mehr oderund 201 und mehr 2 Stunden nach dem Trinken von 75g Traubenzucker in einem Glas Wasser.
Eine offizielle Definition für gesunden Blutzucker gibt es nicht. Dem kommt die Darstellung am nächsten, die Dir nicht genügt. Daraus wird deutlich, dass der Blutzucker in seiner Höhe auch gesund in Abhängigkeit vom Essen immer in Bewegung sein kann und dass die von Euch gemessene Höhe noch in den gesunden Rahmen fallen kann.
Die alimentäre Hypo kann erklären, warum etwa 2 Stunden nach einem sehr Kohlenhydrat=Zucker-haltigen Essen der Blutzucker niedriger absinken kann, als vor dem Essen.

Wenn der Blutzucker allerdings in der Zeit von etwa 45-75 Minuten nach dem Einverleiben von vielen Kohlenhydraten nicht über etwa 67 ansteigt, würde ich vor dem Essen 50 und weniger erwarten und 2 Stunden danach auch wieder. Damit würde ich dringend meine Nieren untersuchen lassen oderund meine Bauchspeicheldrüse auf eine sehr seltene und meistens gutartige Krebsart. Beides hätte allerdings nichts mit Diabetes zu tun.

Irritiert haben kann der diabetische Bekannte, der wahrscheinlich Insulin spritzt und bei Messwerten unter 100 mg/dl aus Angst vor einer Unterzuckerung fürchterlich zu fressen anfängt. Das kommt, weil die meisten Insuliner nicht lernen, wie sie ihr Medikament passend für einen wirklich gesunden Blutzucker-Verlauf dosieren können :-(

Bisdann, Jürgen
Hans Reuter
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Beitrag von Hans Reuter »

Hallo M.Wiemer,

in der Diabetologie ist die Hypoglykämie – Unterzuckerung - definiert mit Blutglukosewerten unter 50 mg/dl. Die Blutglukose kann derzeit nur zuverlässig mit Abnahme von Blut bestimmt werden. Unterzuckerungen bei Nichtdiabetikern bedürfen einer weiteren Abklärung, da sie auch bei anderen, seltenen Erkrankungen, z.B. einem Insulinom auftreten können.

Gefühlte Unterzuckerungen treten bisweilen auch bei Nichtdiabetikern und durchweg normalen Blutzuckerwerten auf, insbesondere, wenn es sich um die so genannte alimentäre oder reaktive Hypoglykämie handelt. Die Ursache der alimentären Hypoglykämie ist eine Störung im Sekretionsmuster der Bauchspeicheldrüse und gilt heute als früher Hinweis auf ein Diabetesrisiko (Typ2). Die Bekämpfung der nicht lebensbedrohlichen Situation erfolgt ausschließlich über die Zufuhr von schnell wirksamen Kohlenhydraten.
Sie kann sich nicht daran erinnern, dass ein Arzt ihr mal was zu ihren Zuckerwerten gesagt hat.
Zu Normalwerten wie beispielsweise 67 mg/dl ist auch nichts zu sagen.
Bei vielen Menschen steigt zwar die Blutglukose nach kohlenhydratlastiger Kost mehr oder weniger stark an, sie muss aber nicht.
Ist der Wert unter diesen Umständen wirklich zu gering, so dass sie sich ernsthafte Sorgen machen sollte?
Nein!
Stimmt es, dass Unterzuckerung die oben erwähnten Probleme machen kann? Vor allem, auch die Angst?
Kann sein. Kann auch nicht sein.

Hinweis:
Übergewicht und Rauchen erhöhen das Diabetesrisiko und mindern die Insulinempfindlichkeit der Leber- sowie der periphären Fett- und Muskelzellen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Reuter
Rainer.
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Beitrag von Rainer. »

Hallo M.,

das was du schilderst klingt erst einmal ganz normal nach niedrigem Blutdruck - Hypotonie. Das ist unangenehm aber nicht weiter bedenklich, wie es z.B. unter www.Xnmeda.de/krankheiten/niedriger_blutdruck.html (Link kopieren und X durch o ersetzen) sehr gut beschrieben ist. Die Schilddrüse (Unterfunktion) wurde hoffentlich schon untersucht. In der Beschreibung werden auch einige allgemeine Maßnahmen genannt, die helfen können (viel trinken, salzreiche Ernährung, Wechselduschen, Sport ...) - deine Bekannte soll das alles mal in Ruhe durchlesen.

Wenn Sie Befürchtungen für diabetische Störungen hat, dann kann sie das mit einem oGTT (siehe http://www.med4you.at/laborbefunde/lbef ... astung.htm) gut klären. Den Test kann sie vielleicht mit Hilfe des Diabetiker-Bekannten selbst durchführen. Sie muss dazu auf nüchternen Magen die Lösung mit 75g Traubenzucker trinken und nach 1 und 2 Stunden den BZ messen. Wenn der 1h-Wert weit über 140 hinaus geht, dann könnte die von Jürgen beschriebene alimentäre Hypoglykemie vorliegen. Wenn dann der 2h-Wert über der 140 bleibt - was nach deiner Beschreibung eher nicht zu erwarten ist - dann deuten sich beginnende diabetische Störungen (Prädiabetes) an.

Alles Gute, Rainer
M.Wiemer
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Beitrag von M.Wiemer »

Hallo

Vielen Dank für die Antworten. :)

Da ich gestern selbst zum Hausarzt musste, habe ich mich für sie mal von ihm genau aufklären lassen. Er hat mir für sie ein Messgerät mit Chip mitgegeben, mit dem sie eine Weile regelmäßig ihren Blutzucker messen soll. Mit dem Chip soll sie dann zu ihrem Hausarzt, der dann wohl mehr dazu sagen und u.U. weitere Untersuchungen veranlassen kann.

Ich denke, so wird sich am besten sagen lassen, ob bei ihr eine Störung vorliegt, die, wenn überhaupt, behandelt werden muss.

lg
M.Wiemer
Rainer.
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Beitrag von Rainer. »

Hallo M.,

wenn deine Bekannte jetzt das Messgerät hat, dann kann sie doch gleich mal für sich den Zuckerbelastungstest, den oGTT machen. Mit den Ergebnissen dieses Test weiß sie über den Status ihres Diabetes oder Prädiabetes genau Bescheid. Du kannst ja die Werte dann mal hier einstellen.

Rainer
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